Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1931, Blaðsíða 8

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1931, Blaðsíða 8
diente, nach der benachbarten Insel Akurey. Unterwegs wurden Reim- weisen laut vorgetragen und man fiihlte sich dem Volksleben, auch in musi- kalischer Hinsicht, náher und konnte sich leicht vorstellen, wie die Vor- fahren hier vor iooo Jahren ebenfalls auf offenen Booten iibers Meer fuhren, áhnliche hieder singend, denn diese Reime oder Reimweisen, heiBt es, „singt" man nicht, sondern man „trágt sie vor“, d. h. „að kveða“, ob- wohl es sich gewiB um eine bestimmte Singart handelt. Die Ruderschláge unterstrichen manchmal eigenartig den Rhythmus und die Akzente der Uieder. Sigvaldi lieB die Leute die Lieder teils mitsingen. Er hat mir dann auch erzáhlt, daB die alten Leute die Lieder manchmal zugleich dichteten, wáhrend sie diese sangen, und daB auch solche Wettkámpfe stattfanden. Die Volksdichter haben ja auch manchmal eine solche Reimfertigkeit er- langt, daB sie fast gleicherweise in Poesie wie in Prosa reden konnten. Sigvaldi erzáhlte z. B., daB zwei solche Volksdichter (einfache Menschen) darum wetteiferten, wer auf einer kurzen Seereise mehr Verse dichten konnte. tíberhaupt ist das rein sportliche Element bei diesen Liedvortrágen manchmal unverkennbar. Auf Akurey wuBte man nichts iiber Volks- liedergesang zu berichten, ebenso wenig in Reykhólar, wohin ich per Segel- boot von Akurey gebracht wurde. Von Reykhólar ging es zu Pferd nach dem Pfarrhof Staðr auf Reykjanes. Der Pfarrer lebte schon ganz in dem „neuen" Musikstil, aber es wurde von einem benachbarten Gehöft eine alte Frau geholt, Guðrún Snæbjörnsdóttir, 66 Jahre, aus Steingrímsfjörðr stammend, die ein paar Lieder auf Rolle 42 sang. Sie meinte nicht viel zu können und schien auch nicht ein ganz einwandfreies Gedáchtnis beim Singen zu haben. Das erste Eied ist sowohl in tonaler wie rhythmischer Hinsicht sehr schwankend, aber das Anhangsel ist zweifellos ursprunglich und typisch, sogar frappierend, denn der Text ist schon zu Ende und nur eine musikalische Absicht kann die zwei angehángten Töne bestimmt haben. Ihre weiteren Eieder sind sowohl in tonaler wie rhythmischer Hinsicht auch sehr unsicher. Das vierte Uied der Rolle versucht sie zu „lallen", weil sie keinen Text wuBte, wobei die Aufnahme durch Lachen und Kichern als verdorben zu betrachten ist, worauf sie dieselbe Melodie nochmal sicherer wiederholt. Das scheint alles wie so oft sonst eine mehr oder weniger versttimmelte Volkstiberlieferung zu sein. Von dem Pfarrhof wurde ich mit dem Boot nach der Insel Flatey gebracht, wo ich einen 74 Jahre alten „Seebáren" traf (Snæbjörn aus Hergilsey), der als bedeutender „Reim- weisen-Sánger" galt. Das sechste Eied der Rolle 42 und die weiteren Lie- der derselben Rolle sind von ihm vorgetragen, aber es stellte sich heraus, daB er eigentlich gar keine Volksmelodien vortragen konnte, sondern nur die Texte, die ihm alles zu bedeuten schienen. Er bentitzte wohl eine halb- 8

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