Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1931, Blaðsíða 23

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.07.1931, Blaðsíða 23
steinischen Univcrsitatsgesellschaft bei Hirt herausgebrachten „Festschrift zum tausendjáhrigen Bestehen des islándischen Staates". Gretor setzt sich nicht aus- einander mit den Arbeiten der Festgabe, „die sich allein schon durch die Kompliziert- heit ihrer Ausdrucksweise der Kritik des Laien entziehen" (S. 689). Er verurteilt auch nicht den Gedanken einer Festschrift, auch nicht den einer wissenschaftlichen Festschrift, sondern eben nur die Wissenschaftlichkeit dieser wissenschaftlichen Fest- schrift! Die Naivitat dieser Kritik, die sich darin gefállt, einen oft beklagten MiB- stand, der doch nur eine wesensnotwendige Erscheinung ist, von neuem zu beklagen, nchtet sich selbst. Man möchte sie stillschweigend iibergehen, wenn es nicht einen gewissen Reiz hátte festzustellen, daB diese Naivitát sich selbst noch iiberschlágt, índem Gretor seine Kritik gipfeln láBt in dem Satz: „Warum kann die Geisteswissen- schaft in bezug auf Island nicht etwas einfacher und leichter angefaBt werden ?" (!) Als Beweis fiir die Erfullbarkeit der hierin liegenden Forderung folgt ein Hinweis auf die neuen Skaldeninterpretationen von E. A. Kock und F. Genzmer, die von einer einfacheren Struktur der Skaldenstrophe ausgehen. Aus einem Lösungsversuch eines ganz bestimmten wissenschaftlichen Problems, bei dem es sich zufállig um eine leichtere und einfachere Auffassung des Objektes handelt, wird die Forderung abgeleitet, die ganze Geisteswissenschaft „einfacher und leichter" anzufassen — offenbar zu dem Zweck, sie dem Laien zugánglicher zu machen. Ob der „Laie" mit der Genzmer- schen Methode, die an das ganz persönliche geniale Sprachgefiihl dieses Mannes ge- bunden ist, leichter an die Skaldendichtung, an ihre selbstándige Deutung und Er- schlieBung herankommen wird ? Herr Gretor scheint noch keine Versuche in dieser Richtung gemacht zu haben. Sonst durfte ihm aufgegangen sein, daB auch mit den „einfacheren" Methoden die Sache fur den Laien immer noch nicht einfach genug ist. Vielleicht wáre ihm dann auch die Erkenntnis gekommen, daB man die ver- dammten Philologen nicht dadurch bessern oder totkriegen kann, daB man sie von einer falschen Stellung aus mit Blindgangern beschieBt. Wie verhált es sich denn mit diesen bösen Menschen, die „Island annektiert haben ?“ Gretor erkennt immerhin an, daB Konrad Maurers Werk, „Die Bedeutung einer gei- stigen Neuentdeckung des fernen und damals noch recht schwer zugánglichen Landes", gehabt hat. Der souveráne Geist dieses Gelehrten und heiBherzigen Menschen aber hat ja der ganzen nachfolgenden Islandforschung einen so starken Geist und eine so warme Liebe eingeblasen zu dieser Schöpfung und diesem Schicksal „Island", daB Herr Gretor wahrlich kein „Angstgefiihl" zu haben braucht, „daB diese Ge- lehrten aus dem schönen, feurigen Island ein trockenes, wissenschaftliches Práparat machen, an dem sich auBer den Fachmenschen niemand erwármen kann". Dieser Ausspruch beweist, daB Herr Gretor niemals die menschliche Náhe dieser „Island- Gelehrten" genossen hat und daB er viele ihrer Werke, wenn iiberhaupt, so nur sehr fluchtig kennt; denn sonst múBte er gespúrt haben, wie hier an vielen Stellen unter der harten, notwendig núchternen Decke der wissenschaftlichen Arbeit und Dar- stellung eine ganz starke menschliche Ergriffenheit mitschwingt. Diese „Island- philologen" sind ja auch nicht hinter ihrem Schreibtisch sitzen geblieben, sie haben auch nicht nur eine schnelle Luxusfahrt nach Island gemacht, wie unsere Reporter, deren Feuilleton dann trieft von Wundern und Kuriositáten, von Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der ultima Thule. Konrad Maurer ist auf Island lange von Hof zu Hof gezogen, bewundert von den Bauern und Fischern, daB er mit ihnen in ihrer Sprache sprechen konnte; Andreas Heusler brachte von seiner ersten Islandreise die feinste Skizze mit, die jemals úber Island geschrieben worden ist und erstieg auf seiner zweiten Reise den Hvannadalshnúkur, Islands höchsten Gipfel; Paul Herrmann hat seine langen beschwerlichen Ritte durch die ganze Insel mit seiner Gesundheit be- zahlt und W. H. Vogt hat wochenlang auf islándischen Bauernhöfen gesessen, um mit den Islándern möglichst innig vertraut zu werden. Es ist sehr fraglich, ob es eine andere Gruppe von Gelehrten gibt, deren wissenschaftliche Forschung von einer so 21

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