Greinar (Vísindafélag Íslendinga) - 01.01.1935, Side 115
16]
113
andere Erklarung der Entwicklung nicht von der Hand zu
weisen, namlich folgende: Die Menschen haben den Ein-
druck gehabt, die alten Zeitmarken seien so nahe den
Haupthimmelsrichtungen, dass man ohne weiteres von
dieser Tatsache als feststehend ausgehen könnte. Dann hatte
man die alten Zeitmarken nicht zu verandern brauchen
und auch keine Messungen angestellt, um dieses Verhaltnis
genauer zu untersuchen. Ueberdies hat man nur ausnahms-
weise die nötigen Geriite und Kenntnisse besessen, um
die Himmelsrichtungen genau zu bestimmen.
Zur Veranschaulichung fur Leser, die solche Zeitmarken
nicht aus eigener Erfahrung kennen, sei hier folgendes
eingeschoben: In Gegenden, deren Horizont entfernte Berg-
ketten bildeten, wurden Berggipfel, Bergriicken, Felsscharten,
Schluchten usw. als Zeitmarken gewahlt, sofern sie in ge-
eigneter Richtung lagen. Natiirlich konnte man oft den
Gelándepunkt nicht nur mit Rucksicht auf eine möglichst
genaue Lage in dieser oder jener Richtung wahlen — ge-
sehen von dem betreffenden Hofe selbst oder der Senn-
hiitte —, sondern man musste auch darauf achten, dass
der gewahlte Punkt auffállig und leicht zu erkennen war.
Dabei konnte oft Gelándepunkten der Vorzug gegeben
werden, die wohl nicht genau in der erwunschten Richtung
lagen, sich aber vor anderen durch grössere Deutlichkeit
auszeichneten. Wo nun aber der Horizont eng war und
sich ausserdem am Horizont keine deutlich erkennbaren
Gelándemarken abhoben, die zu Tagesmarken geeignet ge-
wesen wáren, errichteten die Bewohner selbst solche
Marken, z. B. aus aufgeschichteten Steinen, sogenannte
Warten (varða, pl. vörður). Fur meinen Heimathof gab
es eine »dagmálavarða« und eine »hádegisvarða« dieser Art.
Noch heute gibt es in Island viele Eyktmarken. Einige
von ihnen sind in den Islandkarten des dánischen General-
stabes (jetzt: Geodátischen Institutes) verzeichnet. In den
einzelnen Kartenbláttern kann man recht oft das Azimut
dieser Zeitmarken bestimmen, jedoch muss man immerhin
eine gewisse Ungenauigkeit der Messungen in Betracht