Saga - 1976, Page 75
NAZISMI Á ÍSLANDI
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Die Arbeit begann 1933. Öffentliche Kundgebungen wurden iiber-
all im Lande veranstaltet. Die Parteiblátter „Islándischer Wieder-
aufbau“, herausgegeben von den álteren Mitgliedem imd „Anklage“,
herausgegeben von den jiingeren Mitgliedem, fingen an zu erschei-
nen. In diesen Bláttern spiegelten sich die Gegensátze zwischen den
Anhángem der Bewegung wieder.
Beispiel: Der sog. Hauptrat (Aðalráð) der Partei, höchstes ent-
scheidendes Organ, besetzt von álteren Anhángern, liess einmal
eine Nummer der „Anklage“ beschlagnahmen, weil ein Artikel einen
fiihrenden Politiker der Unabhángigkeitspartei aufs Kom genom-
men hatte.
Nach diesem Ereignis war es mit der Eintracht zwischen dem
„Hauptrat" und den jungeren Parteigángern aus. Im Januar 1934
sollten in Reykjavík die Wahlen zum Stadtrat stattfinden. Der
„Hauptrat" beschloss, die Unabhángigkeitspartei zu unterstutzen,
die die Mehrheit im Stadtrat besass. Aber die jungeren Mitglieder
waren damit nicht einverstanden. Sie spalteten sich aus der nation-
alistischen Bewegung ab und grundeten am 2. Januar 1934 die
„Partei der Nationalgesinnten in Island". An den Stadtratswahlen
wurde mit einer gesonderten Liste teilgenommen. Im Márz 1934
jedoch vereinigte sich die „Nationalbewegung der Islánder" und
die „Partei der Nationalgesinnten in Island“ unter dem neuen Na-
men „Partei der Nationalgesinnten“. Das bedeutete eigentlich núr
dass die álteren Mitglieder wieder der Unabhángigkeitspartei
beitraten. Vergleicht man das Programm der „Partei der National-
gesinnten“ und die Ideologie der deutschen Nationalsozialisten, so
stellt sich heraus, dass die islándischen Nazisten alle wichtigen
Ideen ihrer deutschen Gesinnungsbriider zu ihren eigenen ge-
macht hatten.
Von den 16 Artikeln des Programms der „Partei der National-
gesinnten" entlieh man 12 dem Programm der deutschen National-
sozialisten. Die Aktivitát der Partei begann im Fruhling 1934 mit
der Herausgabe der ersten Nummer ihres Organs „lsland“, mit Ver-
sammlungen und Treffen der Ortsgruppen. Die „Nationalgesinnten"
bielten den 1. Mai als Feiertag. Uniformierte Fahnengruppen (lange
Hose, graues Hemd, schwarze Krawatte, lederne Achselriemen und
blaue Armbinde mit rotem Hakenkreuz auf weissem Grund) mar-
schierten dann in Reih und Glied durch die Strassen Reykjavíks
Und versammelten sich im Zentrum der Stadt.
Wáhrend der fiinf Jahre, in denen die Partei aktiv war, standen
vier Vorsitzende an der Spitze. Gewaltsame Schritte zur Verwirk-
lichung des Parteiprogramms wurden niemals unternommen.