Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.2010, Blaðsíða 70
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Wilhelm Heizmann
scheinbar den gleichen Platz ein wie die Redaktion von A (339-401).
Tatsachlich aber ist die Redaktion 11 um einiges umfangreicher als die
Redaktion 1.
Auf diese Weise wurden die beiden Redaktionen einander so sehr
angeglichen,14 dafi es kaum oder jedenfalls nur mit grofiter Miihe
moglich ist, sich ein Bild von den unterscheidenden Merkmalen der
Redaktionen zu machen. Wie sehr Ungers Edition irrigen Ansichten
iiber das Verhaltnis der beiden Redaktionen Vorschub leistete, zeigt
die Tatsache, dafi sich selbst arrivierte Philologen vom Format eines
Finnur Jonsson tauschen liefien.15
Ungers Ausgabe geniigt aber nicht nur auf Grund ihrer miftgliickten
Anlage in keiner Weise den Anspriichen, die heute an eine Edition
gestellt werden, sondern sie ist dariiber hinaus mit einer fur Un-
ger sonst eher ungewohnlichen Zahl an Fehlern und Nachlassigkei-
ten gespickt.16 Man darf ‘Mariu Saga’ daher wohl mit Recht zu den
schwachen Leistungen dieses herausragenden Editionsphilologen des
19. Jahrhunderts rechnen.
Auch wenn die eben vorgetragene Kritik in erster Linie am Bei-
spiel des Marienlebens erarbeitet wurde, so zeigen sich konzeptionelle
Mangel auch bei den Marienmirakeln, wenn dort ohne nachvollzieh-
HUnger selbst ist in diesem Punkt tibrigens ganz anderer Meinung: “Og da St’s
Text var noget afvigende fra den Recension af Sagaen, der fandtes i de øvrige
Haandskrifter, troede man, at Læseren vilde være bedre tjent med at faa denne
almindelige Recension (Vulgata) op i Texten, og at Særegenheder i St vilde falde
mere i Øinene, naar de henvistes til Noterne.” (Unger (Udg.) 1871, S. xixf.). Dafi
dies nicht zutrifft, liegt nach den oben vorgetragenen Beobachtungen auf der Hånd.
15 “Men i øvrigt er bægge sagaer [gemeint sind die beiden Redaktionen] ganske
identiske, så at sige ordret overensstemmende.” (Finnur Jonsson 1923, S. 868 f.);
vgl. Mogk 1904, S. 886; Turville-Petre 1972, S. 104, Anm. 12.
16 Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt auch Ole Widding: “Ungers udgave har
desværre store mangler [...] han har også stiltiende rettet i den sproglige formulering
efter eget godtykke. Udgaven er derfor ubrugelig til sproglige, syntaktiske og
stilistiske undersøgelser [...].” (1996, S. 5 £).