Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.2010, Page 143
Pragmatik in Szene gesetzt
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(am 16 8vo, gks 3135 4to, gks 3136 4to),3° weitere zwei Handschriften
fiihren die Glosse im Fliefitext auf (am 12 8vo, gks 3137 4to);31 dies
entspricht zusammen 6 % der Handschriften des Jyske Lov oder 3,5 %
aller Rechtsbuchhandschriften aus dieser spaten Periode.
Die spezifische Seitenanordnung der Rahmenglosse war im euro-
påischen Hoch- und Spåtmittelalter mit einer besonderen Autoritat
aufgeladen: Zu Beginn des zwolften Jahrhunderts wurde in den Ka-
thedralschulen von Laon und Paris der Bibeltext in dieser Form von
Kommentaren umrahmt, in denen auf die Lehrmeinungen der Kir-
chenvater und karolingischer Theologen verwiesen wurde.32 Sowohl
durch die Kommentierung als solche als auch durch die Umrahmung
des auszulegenden Textes durch die Glosse wurde die Heilige Schrift
als autoritativer Text in Szene gesetzt. Im Laufe des zwolften und
dreizehnten Jahrhunderts wurde das Glossenlayout auf Handschrif-
ten des kanonischen und romischen Rechts iibertragen und damit
zugleich auch die Autoritat dieser Gesetzestexte visuell manifestiert.33
Bei der Glosse handelt es sich somit ebenfalls um eine scholastische
Kulturtechnik, die im gelehrten Recht und bereits seit dem fruhen
14. Jahrhundert auch in den Handschriften des Sachsenspiegels weit-
hin verbreitet ist,34 im danischen Recht hingegen wiederum zum einen
erst spat iiberhaupt auftritt und zum anderen im Gros der Hand-
schriften keinen Niederschlag findet.35 Auffalligerweise bleibt auch
hier die Adaption auf das Jyske Lov begrenzt, kein anderes nordisches
Rechtsbuch wurde mit Glossen kommentiert.
30 Vgl. Abb. 3, S. 134.
31 Vgl. Abb. 4, S. 135.
32 de Hamel 1984, xiii; Lobrichon 1984, 97—101.
33 Teuscher 2007, 291—301; Rohrbach 2008, 205. Zur Glossa ordinaria allgemein vgl.
Jakobs 2006.
34 Zur Glosse des Sachenspiegels vgl. Lieberwirth 1993.
35 Im Falle des Sachsenspiegels sind dagegen ein Viertel der Handschriften des
14. Jahrhunderts und mehr als die Hålfte der Handschriften des 15. Jahrhunderts
mit Glossen ausgestattet (vgl. Kroeschell 1998, 85).