Jökull - 01.12.1983, Blaðsíða 29
erste zusammenfassende “Geologie Islands" dar.
Natiirlich war er ein Kind seiner Zeit - daher die
etwas scharfe Kritik Thoroddsen‘s.
Nicht an diesen 0"o Krug v. Nidda, wohl aber
an seinen Vorfahren Roiand Krug v. Nidda (1554-
1617), den Begriinder des verzweigten Familien-
stammes, erinnert eine Gedenktafel zwischen
Nidda und Bad Salzhausen im vulkan- und
heilquellen-reichen Hessen. Roland Krug ist die
Salzgewinnung in dieser Gegend zu verdanken.
Wie Otto Krug v. Nidda war er ein “angewandter"
Geologe!
Wolfgang Sartorius v. Waltershausen (Abb. 2)
Als náchstes folgt — wiederum nach mehr als einem
Jahrzehnt — ein Dreigespann: zwei Deutsche und
ein Franzose. Der Göttinger Wolfgang Sartorius v.
Waltershausen (1809-1876) reiste 1846 zusammen
mit Bunsen und dem Pariser Mineralogen A. Des
Cloizeaux (1817-1897) nach Island. Die beiden
Deutschen waren Söhne von Göttinger Professoren
der geisteswissenschaftlichen Richtung. “Die
beriihmten Gelehrten Gauss, Weber, Welcker
umstanden die Wiege von Sartorius"; Joh. Wolfg.
Goethe war sein Pate (und die Ursache fur den
Vornamen Wolfgang). Sartorius war mehr als
andere Geologen seiner Zeit spezialisiert: auf
Vulkane. Sein grosses Lebenswerk galt der
Erforschung des Atna, aber auch in Island hat er
nachwirkende Beobachtungen gemacht, und
Abb. 2. Wolfg. Sartorius v. Waltershausen (1846)
beides hángt eng zusammen. In Siziuen hatte er
auilallige Mineralumbildungen entdeckt, beschrie-
ben und mit einem eigenen Namen versehen:
Palagonit (nach dem Stádtchen Palagonia bei
Catania). Er fand die gleiche Erscheinung in is-
lándischen Gesteinen (dem “móberg“), fiir die
dann die Bezeichnung Palagonittuff oder - brekzie
iiblich wurde (erst in neuester Zeit durch Ritt-
mann‘s Wortbildung Hyaloklastit abgelöst).
Die Palagonitisierung erklárte er (von Sizilien
ausgehend) als submarinen Vorgang. Mit der
Annahme subglazialer Entstehung, wie sie heute in
Island angenommen wird, wáre er wohl in bezug
auf die chemisch-mineralogische Seite auch einver-
standen gewesen - doch so fortschrittlich er iiber
den Palagonit dachte, so ruckschrittlich dachte er
iiber die Glazialgeschichte Islands; eine vollstánd-
ige Vereisung der Insel und iiberhaupt die
“Eiszeit“ (das “Márchen einer sogenannten
Eiszeit“) lehnte er ab. Fiir die Gletscherbildung
geniigten ihm die lokalen Reliefverháltnisse. Die
háufigen Schrammen an den tiefer gelegenen
Felsen, unsere “Gletscherschrammen" (die ihm
durchaus auffielen!), fiihrte er auf Pressungen
durch Kiisten-Eis zuriick.
“Spuren“ von Sartorius in der Jetztzeit:
Obgleich er in Göttingen, der gedenktafelfreudig-
sten Stadt nicht nur Deutschlands, lehrte, hat man
seiner - einem der Ehrendoktoren der Universitát
Göttingen — nicht gedacht (ebensowenig allerdings
auch nicht seiner Nachfoiger aufdem Lehrstuhl, zu
denen als bedeutendster Hans Stille gehörte).
Aber sein Familienname ist noch lebendig und
ziemlich háufig; er entstand in einer Zeit, als es als
vornehm galt, gewöhnliche Namen zu latinisieren-
in diesem Fall das einfache “Schneider“ in “Sartor-
ius“ umzuwandeln. Eine familiáre Beziehung zu
dem gleichnamigen heutigen, bedeutenden fein-
mechanischen Unternehmen in Göttingen an-
zunehmen, liegt natiirlich bei einem Göttinger
Sartorius nahe. Der zusátzliche Adelsname “von
Waltershausen“ ist jungen Alters; er bezieht sich
auf das ansehnliche, im 17. Jhd. erbaute, gut
erhaltene Schloss mit 4 Rundtiirmen in dem Dorf
Waltershausen (im heutigen fránkischen “Grenz-
kreis“ Rhön-Grabfeld gelegen). Heute ist das
Schloss Erholungsheim der Deutschen Bundespost.
Robert Bunsen (Abb.3)
Robert Bunsen (1811-1899), der Reisegenosse
von Sartorius, ist der prominenteste unter den
deutschen Islandforschern, und wir brauchen iiber
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