Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.2010, Page 17
Zum Empfånger der Flateyjarbok
7
Karlsson ist der einzige Wissenschaftler, der das Zeugnis Magnus
Porhallssons nicht in Zweifel zieht.11 Tatsachlich war die Mifiachtung
bzw. Umdeutung der Aussage Magnus Porhallssons durch die Wis-
senschaftler die Voraussetzung dafiir, dafi diese ihre Theorien hinsicht-
lich der Entstehung, der Ausstattung und teilweise auch des Inhalts der
Flateyjarbok entwickeln konnten. Es scheint deshalb angebracht, die
verschiedenen Ansichten und Theorien der Wissenschaftler dariiber,
wann und warum das Manuskript angefertigt wurde, zu skizzieren,
um sich dann der Frage zuzuwenden, ob sich Argumente finden lassen,
die die Aussage Magnus Porhallssons beståtigen — oder entkråften.
2. Die Datierung und Entstehung der Flateyjarbok
in der Forschung
GuSbrandur Vigfusson ging davon aus, dafi die Flateyjarbok zwischen
1370 und 1380 geschrieben worden sei, die ersten Blatter sieben Jahre
spater; die Annalen fur die letzten vierzehn Jahre seien dagegen nach
und nach geschrieben worden.12
Gustav Storm wollte die Flateyjarbok in zwei Teile aufteilen, das
Buch Jon Fordarsons und das Buch Magnus Forhallssons. Jon hå-
be den Plan gehabt, ein Buch fiber die beiden Olafe mit der Eiriks
saga vidfgrla als Einleitung anzufertigen, håbe die Arbeit daran aber
kurz vor Beendigung des Werks, d. h. mitten in der Orkneyinga saga,
eingestellt; das Buch Jons sei 1387 geschrieben worden. Dem Flat-
eyjaranndll konne man entnehmen, dafi Jon 1388 nach Norwegen
gereist und dort sechs Jahre lang Priester an der Kreuzkirche in Bergen
gewesen sei. Magnus håbe das Werk vermutlich bei der Abreise Jons
1388 fibernommen und es zu Ende geffihrt; er håbe das Manuskript
11 Vgl. Stefan Karlsson 1970, S. 298—299; Nachdruck Stefan Karlsson 2000, S. 353.
12 Gu3brandur Vigfusson und Unger 1868, S. i—iii.