Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.2010, Page 89
Liebe und Durst
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die Ehre des Hochsitzes, måchtig zu sitzen, weil er der Menschensohn
15 ist, der Mediator zwischen Gott und den Menschen. Seien wir darauf
bedacht, alle Dornen auszureiften, und schone Lilien iiber unser Herz
zu pflanzen, damit der liebevolle Sohn Gottes es fur wert erachtet, zu
18 uns hernieder zu steigen und bei uns zu sein. Was immer Gutes, Chri-
stenmensch, du beabsichtigst, Gott zu opfern, lege es in die Hande der
seligen Gottesmutter Maria, und bitte sie, es vorzubringen, denn wenn
21 der Liebhaber der Reinheit einen so schonen Fiirsprecher deinethalben
vor sich treten sieht, nimmt er es aus Liebe zu seiner Mutter Maria
ohne Zogern gerne an, auch wenn an dem Opfer kein Wohlgeruch
24 haften wiirde, wenn du es darbrachtest.”34
6. Nun, da sich der gesegnete Bernhard vollstandig durch gute Werke
auszeichnet, belohnen der allmachtige Gott und die siifieste Konigin
3 Maria ihn weiterhin mit herrlichen Erleuchtungen heiliger Erschei-
nungen. Ihm wird in einer Weihnachtsnacht gewåhrt, durch das Ge-
schenk des Heiligen Geistes das sehen, was nicht menschlich war,
6 sondern dank Gottes Barmherzigkeit der Seele gewahrt. Er wurde zu
einer so herrlichen und jedes Lobes wiirdigen Vision erhoht, dafi sich
ihm die Konigin des Himmels und der Erde auf die Weise zeigte, wie
9 sie ihren siifiesten Sohn mit Freude ohne Gram und Schmerz gebar.
So verlåfit der schone Jesus die Herberge seiner Mutter, wie David
in seinem Buch sagt: In soleposuit tabernaculum suum et ipse tanquam
12 sponsus procedens de thalamo suo (‘Dort hat er der Sonne ein Zelt ge-
baut./ Sie tritt aus ihrem Gemach wie ein Brautigam’ [Ps 19,5 £]).
34 Vgl. unten den Kommentar S. 102—103.