Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.2010, Qupperneq 95
Liebe und Durst
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das Bellen des Hiindchens erklårt, nicht aber, was es mit der weifien
und rotlichen Farbe auf sich hat. Eine entsprechende Deutung fehit
eigentiimlicherweise auch in allen spåteren Viten. Die Ratlosigkeit
gegeniiber diesem Detail spiegelt sich im Ubrigen in dem Versuch
spaterer Exegesen, die Farbe des Hiindchens in weifi und schwarz
umzumiinzen, um damit einen Bezug zur schwarz-weifien Zisterzi-
ensertracht herstellen zu konnen.47 Der Islander deutet die Farben da-
gegen als Hinweis auf Bernhards Tugenden der Keuschheit (hreinlif)
und Leidensfahigkeit {polinmfidi). Da der Symbolwert der Farbe Rot
sonst auf das Mårtyrertum verweist, diirfte hier mit folinmødi mehr
als nur ‘Geduld’ gemeint sein. Vergleichbar ist eine Stelle in Arni
Jonssons Gudmundardrapa, wo die Farben Weift und Rot auf Bischof
Gudmundrs identische Tugenden bezogen werden: skjallhvit skirlifis
lilja - polinm&dis ros en rauda (Gd. 68; Skj. iia, S. 426; iib, S. 458).48
Der Schlufi des Abschnitts greift einzelne Passagen aus der Vita
prima auf (1,3),49 erlaubt sich aber wiederum einige Abweichungen. So
fehit in der Vorlage die an biblischem Vorbild orientierte Erwahnung
der Geburt (Eftir ftildan tima fød ir fru Elerin fagran svein, cf. impleti
47 Vgl. Menzel 1854, S. 424; Detzel 1896:2, S. 197; von Sales Doyé 1929:1, S. 129;
Paffrath 1984, S. 28.
48 Vgl. Louis-Jensen 2006, S. 53 f.
49 Unde et quam citius potuit, in ecclesia Castellionis [...] magistris litterarum tradens
erudiendum [...] Erat [,.]parentibusobediensetsubditus; omnibusbenignusetgratus, [...]
Deo devotus, ut puram sibi pueritiam suam conservaret; litterarum etiam studio deditus,
perquas in Scripturis Deum disceret et cognosceret: in quo quantum in brevi etprofecerit,
et quam perspicacem in discemendo induerit sensum, ex eo quod subjungimus, adverti
potest. (Mabillon (Ed.) 1833, Sp. 228) ‘Daher gab sie ihn so friih wie moglich in
die Schule der Lehrer der Wissenschaft an der Kirche zu Chåtillon [...] Den Eltern
gegeniiber war er gehorsam und unterwiirfig, gegen jedermann lieb und freundlich.
[...] Er war gottergeben und darauf bedacht, sich sein Knabenalter rein zu erhalten.
Mit Eifer widmete er sich den Schulwissenschaften, um durch sie in den Heiligen
Schriften Gott kennenzulernen. Wieweit er es darin in kurzer Frist gebracht und
welchen Scharfsinn er sich im Unterscheiden erworben hat, mag man aus dem
Folgenden ersehen.’ (Sinz (Ubers.) 1962, S. 37).