Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.2010, Page 108
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Wilhelm Heizmann
deine Herrlichkeit erscheint’) (Ps i6,15)85 und wird ganz konkret als
Tafelfreude vorgestellt edatis et bibatis super mensam meam (‘ihr solit
mit mir an meinem Tisch essen und trinken’) (Lk 22,30) und Beatus
qui manducabitpanem in regno dei (‘Selig also, wer im Reich Gottes am
Mahl teilnehmen darf’) (Lk 14,15).86 Quelle dieser Frille ist Christus
und durch Maria als Mittlerin konnen die Menschen schon jetzt Anteil
daran haben. Gleich einem Aquadukt leite sie die Frille der gottlichen
Gnade zu den Menschen her ab.87 Von ihr, der Uberflieftenden, fliefte
dem Menschengeschlecht alles zu, was es an Hoffnung, Gnade und
Heil besitzt.88 In den dabei verwendeten Bildern fåilt schlieftlich auch
das Wort ‘stifte Milch’ (Dulcedo lactisest). 89
5. Ging es in dem vorangegangenen Abschnitt zunachst um eine
Geschichte, die erzåhlt wie Maria den physischen Durst des heiligen
Bernhard durch ihre Milch ldscht, so folgt hier das Motiv des doctor
mellifluus. Nach dieser Marienerscheinung besitzt Bernhards Zunge
eine besondere Fahigkeit, Gottes Wort auszulegen und das Lob Ma-
rias zu verkiinden. Der islåndische Autor verwendet hierbei das nur
85 Kap. 3, Winkler (Hg./Ubers.) 1997, S. 622/623.
86 Ebd.
87 Derivatus est fons usque ad nos, [...] Descendit per aquaeductum vena illa caelestis, [...]
Advertistis iam, ni fallor, quem velim dicere aquaeductum, quiplenitudinem fontis ipsius
de corde Patris excipiens, nobis edidit illum, etsi nonproutest, sedproutcaperepoteramus.
‘Herabgeleitet wurde die Quelle bis zu uns, [...] Durch einen Aquadukt stieg jene
himmlische Wasserader herab, [...] Ihr habt schon erfafit, wenn ich mich nicht
tausche, wen ich als Aquadukt bezeichnen mochte, die die Frille der Quelle aus
dem Herzen des Vaters selbst aufnimmt und uns mitteilt, zwar nicht so, wie diese
ist, sondern so, wie wir sie fassen konnen.’ (Kap. 4, Winkler (Hg./Ubers.) 1997,
S. 624/625).
88 ut perinde si quid spei in nobis est, si quid gratiae, si quid salutis, ab ea noverimus
redundare, quae ascendit deliciis affluens. ‘alles, was es in uns an Hoffnung, an Gnade,
an Heil gibt, fliefit uns von ihr zu, die iiberfliefiend von Freude emporgestiegen ist.’
(Kap. 6, Winkler (Hg./Ubers.) 1997, S. 626/627 f.).
89 Kap. 6, Winkler (Hg./Ubers.) 1997, S. 626/627.