Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.2010, Qupperneq 109
Liebe und Durst
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seinem Text eigentiimliche Bild, dafi Bernhards Darlegung heiliger
Bueher wie das Mark der Schriften war {at hans framburdr varpvilikr i
heilggum bokum sem mergr ritninganna). Eine wortliche Entsprechung
dazu gibt es in der Vita prima zwar nicht, doch wurde der Islander
hierbei offenbar von einem Abschnitt in Kapitel iv, 24 inspiriert,
worin ausfuhrlich iiber Bernhards Fåhigkeiten, die Heilige Schrift aus-
zulegen, berichtet wird.9° Kapitel n, 4 erwahnt in unmittelbarem
Anschlufi an die nachtliche Vision von der Geburt Jesu Bernhards
Befahigung zum Lobe Marias {in laudem Genitricis).91
Gleichsam als Beleg fur die wundersame Wirkung der Milch
schlieftt eine kurze Homilie an, die besagte Predigt Bernhards zum
Festtag ‘Maria Geburt’ mit theologischem Gedankengut aus dem
Dunstkreis der Hoheliedkommentare kombiniert. Ausgangspunkt ist
jene Stelle in der Predigt, an der von Jesus in Anspielung auf das
Hohelied (2,17) gesagt wird, er håbe sich herabgelassen, um zwischen
Lilien zu weiden {Nimirum dignaris etpasci, sed inter lilid). Diese Li-
lien werden als die Tugenden Marias gedeutet: virginitas, humilitas,
c arit as 92 Dies ist die Idee, die in irgendeiner Weise auch hinter dem
altislandischen Text vermutet werden darf: meydomsins dstargjafir ok
Htilldti{s) hvitustu lilia. Wie der lateinische Text mit dem altislandi-
schen lexikalisch und syntaktisch in Deckung zu bringen ist, bleibt
90 Et dum praedicat verbum Dei, quidquid de ea affert in medium, sic patens et placens
efficit, et circa id unde agitur efficax ad movendum, ut mirentur omnes tam saeculari
quam spiritualipraediti doctrina, in verbisgratiae quaeprocedunt de ore ejus. (Mabillon
(Ed.) 1833, Sp. 241) ‘Und was immer er bei Verkiindigung des Wortes Gottes
aus der Heiligen Schrift vorlegt, das gestaltet er so einleuchtend und gefållig und,
was das Ziel der Rede betriflt, so wirksam und aufriittelnd, dafi jedermann, ob
Philosoph oder Theologe, iiber die anmutsvollen Worte, die aus seinem Munde
fliefien, erstaunt ist.’ (Sinz (Ubers.) 1962, S. 58).
91 Mabillon (Ed.) 1833, Sp. 229; Sinz (Ubers.) 1962, S. 38.
92 Annon lilia virginitatis decus, humilitatis insigne, supereminentia caritatis? ‘Oder sind
das keine Lilien: die Zierde der Jungfraulichkeit, der Schmuck der Demut und die
uberragende Grofie der Liebe?’ (Kap. 18, Winkler (Hg./Ubers.) 1997, S. 644/645).