Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.2010, Page 115
Liebe und Durst
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die in der Vita prima in einem spateren Lebensabschnitt erfolgt.107
Eines Nachts, und damit ist deutlich eine von der Weihnachtsnacht
verschiedene gemeint, sieht Bernhard einen Knaben in gottlichem
Glanz neben sich stehen, der ihm befiehlt, das mutig auszusprechen,
was ihm Gott in den Mund lege. Um wen es sich bei diesem Knaben
handelt, wird in der Vita prima nicht expressis verbis gesagt. Die
Phrase ‘von Gottes Liebe gesandt’ lafit auf einen Engel schliefien. Im
altislandischen Text konnte man vielleicht aufgrund des gottlichen
Glanzes (medgudligribirti) erwågen, ob der Autor hier nicht moglicher-
weise an den Jesusknaben selbst gedacht hat. Damit ware ein innerer
Zusammenhang zwischen beiden Visionen gegeben.
7. In diesem Abschnitt wird auf knappstem Raum das sich auf die ge-
samte Christenheit erstreckende Wirken Bernhards zusammengefafit.
Als unmittelbare Folge der eben genannten Erscheinung tritt Bernhard
von nun an so unerschrocken und fest auf, dafi er Mund der Be-
redsamkeit (munnr snilldarinnar) und Hammer der Zurechtweisung
(hamarr hirtingarinnar) genannt werden konnte. Die Parallele zum
Beginn von Kapitel 5 ist durch die gleiche Wortwahl uniibersehbar:
Eftirpessa vitran var hans tunga sva lagin ... / Eftirpessa vitran var Benn
ardusabotisvaøruggr.... Beide Erscheinungen haben eine unmittelbare
Auswirkung auf seine Redefåhigkeit, hier sprachgewaltig gegen jene
vorzugehen, die unrechtmåfiig handeln, dort die Heiligen Schriften
107 Paucis siquidem evolutis diebus, vidit in visu noctis puerum charitate quadam divina
astantem sibi, et magna auctoritatepraecipientem fducialiter loqui quidquid ei suggerere-
tur in apertione orissui; quoniam non ipse essetquiloqueretur,sed Spiritus quiloqueretur
in eo. (Mabillon (Ed.) 1833, Sp. 244) ‘Denn schon nach Ablauf weniger Tage
schaute Bernhard in einem nachtlichen Gesichte, von Gottes Liebe gesandt, einen
Knaben vor sich, der ihm mit grofier Machtvollkommenheit befahl, voll Vertrauen
auszusprechen, was ihm im Augenblick, da er den Mund auftue, eingegeben werde;
denn nicht er sei es, der spreche, sondern der Heilige Geist, der in ihm rede.’ (Sinz
(Ubers.) 1962, S. 62 £).