Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.2010, Page 156
146
Lena Rohrbach
Handschriften ebenfalls die Kurzfassung. Die enge gemeinsame Uber-
lieferung der Kurzfassung mit Thords Artikeln und dem Hoffecht,
dem von Konig Erik von Pommern eingefuhrten Disziplinar- und
Straffecht fur die Guter des Konigs, das in etwa 25 mittelalterlichen
danischen Rechtsbuchhandschriften iiberliefert ist, stellt diesen Text
somit ebenso wie die Beschrånkung auf Handschriften des Jyske Lov
eindeutig in einen jiitschen Kontext, der noch dazu in enger Verbin-
dung zum koniglichen Hof zu stehen scheint.
Noch ein weiterer Grund weckt Zweifel hinsichtlich einer primår
pragmatischen Motivation bei der Adaption der hier beleuchteten
Techniken. Beinahe gleichzeitig zu den hier behandelten Handschrif-
ten entsteht eine ansehnliche Gruppe von Codices, die aufgrund von
Schreiber- oder Besitzernotizen dem Umfeld der aufbliihenden ståd-
tischen schriftlichen Administration zugeordnet werden konnen und
von denen beinahe alle in Stådten innerhalb der jiitschen Rechtspro-
vinz zu verorten sind.52 Auffålligerweise gehort keine der Handschrif-
ten, die die Kurzfassung enthalten — und auch keine der glossierten
und mit systematischen Registern versehenen Codices53 — dieser
Gruppe an. Anders als etwa im deutschsprachigen und italienisch-
sprachigen Raum entsteht somit im Falle des Jyske Lov keine der
drei Techniken im Dunstkreis der stådtischen Administration, die in
der Schriftlichkeitsforschung als eine der Hauptantriebsmotoren in
52 Es handelt sich um die heute in der antiquarischen Sammlung in Ribe aufbewahrte
Handschrift (Ribe, ca. 1450; vgl. Frederiksen 1999, 159), ferner um die Hand-
schriften am 5 8vo (1477,1528 im Besitz des Biirgermeisters von Varde), am 15 8vo
(Stadtcodex von Skagen, 1507), nks 1312 b 4to (Odense, 1507), und Thott 1988 4to
(1530 im Kloster Antvorskov geschrieben, 1532 von der ein Kilometer nordlich
gelegenen Stadt Slagelse kåuflich erworben, vgl. f. 156V). Zu den aufkommenden
Stadthandschriften allgemein vgl. auch Nielsen 1937,131.
53 Auch alphabetische Register finden sich mit nks 1312 b 4to und Thott 1988 4to
nur in zwei dieser Handschriften. Bezeichnenderweise wurden beide Codices von
Monchen angefertigt.