Fróðskaparrit - 01.01.1970, Page 332
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Die Práteritoprásentien im Fároischen
2. Wie haben sich die Prdteritoprasentien fortgesetzt?
Im Fár. haben wir es also mit folgenden durchgehenden
Prát.Prás. zu tun, hier in ihren Standard-fár. Hauptformen:
l./3.Sg. veit kann skal man má vil
2-Sg. veitst kanst skalt manst mást vilt
Pl. vita kunnu skulu munnu mega, mugu vilja
Prát.Sg. visti kundi skuldi mundi mátti vildi
Bei den einzelnen Kategorien soll nun festgestellt werden,
wieweit im gesamten Fár. oder in einzelnen Mundarten formale
Veránderungen eingetreten sind, die sich nicht allein durch
die reguláren Lautregeln ergeben.
2.1 Die l./3.Sg. zeigt bei kann [kan], skal [skeal, ske:ol],
man [man], má [moa, ma:] nur die lautgerechten Fortset-
zungen.
Auch vil ist zumeist regulár [vi:l]. Die Form [vil] mit
Kurzvokal, die ich auf SUÐ, in Tór, Hós und als Zweitform
in Hes gehbrt habe, kann nicht unmittelbar auf an. vill (vgl.
1.8) zuriickgehen, das ja fár. :;'[vidl] (wie im Nisl.) hátte
O
ergeben miissen. Es wird vielmehr, wie vielfach bei den Prát.
Prás. des Fár. (und anderer nord. Sprachen) eine Kiirzung
stattgefunden haben, die sich durch den háufigen Schwach-
druck der Modalverben erkláren láfit.
Solche Kiirzungen sind aufier bei vil auch bei veit, skula,
munna und mátti festzustellen (s.u.). Bei mátti láfit sich eine
friihe einfache Kiirzung á > a vor langem Konsonanten
erschliefien (vgl. 2.4). Bei vil, veit, skula, munna handelte
es sich zunáchst nur um einen Wechsel des Silbentyps: an-
stelle von V:/D: + K erscheint der Typ V/D + K:. Dieser
Wechsel ist aber als Kiirzung zu verstehen, zumal im
heutigen Fár. die Lánge-Kiirze-Opposition bei den Vokalen
eine stárkere Rolle spielt als bei den Konsonanten.15
15
Vgl. Werner 1968, S. 864f.