Fróðskaparrit - 01.01.1970, Page 334
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Die Práteritoprásentien im Fároischen
(ich wunschte es)’; tú veitst tað ‘du weifít das’ klingt streng
gegeniiber tú veit tað. Wir haben also den eigenartigen Fall,
dafí die Polysemie eines Wortes (kunna ‘diirfen — konnen,
wissen’, mega ‘miissen — schulden’) in einer einzigen Flexions-
form aufgelost sein kann. Man kann hier — im Gegensatz zu
gángigen Synkretismen — an einzelnen Stellen des Paradigmas
von einem Anti-Synkretismus sprechen.16
Zu den Suffixen selbst: Urspriinglich war blofíes -í, wie
es fár. noch in skalt, vilt erscheint. Nach Dentalen wie in
veit-st ergab sich — eine Art Dissimilation — das -sí.17 Dieses
Allomorph hat sich im Fár. (weiter als im Isl.) auch auf
kanst, manst, mást ausgebreitet und in einem Zweitbeleg in
Við auch auf vilst.
Dafi fiir veitst einerseits [vaijt, voijt] und andererseits in
Tór, San [vaist], in Svk [vaistYu] erscheint, ist lautgesetzlich,
wie z.B. auch veitsla ‘Festgelage’ [vaijla, voijla, vaisla] zeigt.
Bei endungslosem vil erscheint wiederum [vi:l] und [vd]
(vgl.2.1).
2.3 Im Plural hat sich im Fár. eine Einheitsform durchge-
setzt, die jeweils auf die 3.P1. des Altnordischen zuríickgeht:
im Prásens -a, im Práteritum -u. Bei den Prát.Prás. besteht
nun ein Schwanken zwischen beiden Suffixen: Einerseits wird
das formal reguláre »Prát.«-Suffix -u fortgesetzt. Andererseits
wurde auch hier das Prásens-<í der reguláren Verben iiber-
tragen; dazu kommt die formale Bindung zwischen der
3.Pl.Prás. und dem Infinitiv, die in vielen germ. Sprachen
besteht und die umgekehrt schon im An. bei den Prát.Prás.
zu Infinitiven auf -u gefiihrt hat.18
Im Fár. haben einerseits veit und vil im Plural stets vita
und vilja.
16 Vgl. zu solchen Problemen Coseriu, S. 136f.
17 Zu den an. Regeln vgl. Noreen, S. 362.
18 Man vgl. dazu Kuhn und die zahlreichen Aufsátze von Síur, z.B.
von 1963 oder 1968.