Jökull - 01.12.1983, Side 30
Abb. 3. Rob. Wilh. Bunsen (1846)
ihn am wenigsten zu sagen. Der beriihmte, auch
menschlich hochgeachtete Chemiker war Professor
in Marburg, als er 1846 zusammen mit Sartorius v.
Waltershausen und Des Cloizeaux nach Island
reiste. Seine wissenschaftlichen Interessen waren
weit gespannt, und wir können ihn hier in Island
getrost als Geowissenschaftler betrachten. Eine
grundlegende Erklárung des “Geysir-Phánomen“
war das bekannteste Ergebnis dieser Reise. Aber er
hat auch andere Untersuchungen an den heissen
Quellen und an den Gesteinen durchgefuhrt und
Proben gesammelt, die spáter sorgfaltig analysiert
wurden.
Der irische Physiker John Tyndall, der damals in
Marburg studierte, hat ihn als “Ideal eines Uni-
versitátslehrers” bezeichnet: “jeder Zoll ein Gentle-
man und ohne eine Spur von Affektion oder
Pedanterie“. 1852 wurde Bunsen nach Breslau,
1853 nach Heidelberg berufen, wo er bis zu seinem
Tode wirkte. In Heidelberg entstand in
Zusammenarbeit von Kirchhoff und Bunsen die
Spektralanalyse, die ein neues, glánzendes Kapitel
naturwissenschaftlicher Forschung einleitete.
Bunsen ist der einzige unter den hier besprochen-
en Islandforschern, an den ein grosses Denkmal
erinnert, eine Statue an der belebten Hauptstrasse
in Heidelberg. Auch das Grab auf dem schönen
Heidelberger Bergfriedhof ist erhalten, in Marburg
sein Laboratoriumsraum. In seiner Geburtsstadt
Göttingen, in der er auch studierte und sich habili-
tierte, erinnert eine Gedenktafel an ihn.
Daríiber hinaus ehrt seinen Namen die nach ihm
benannte “Deutsche Bunsen-Gesellschaft fiir
angewandte physikalische Chemie“, und noch viel
mehr werden seit 1855 alle Chemie-Studenten
durch die unzáhligen — wenn auch inzwischen
etwas abgewandelten — “Bunsenbrenner" in den
chemischen Labors auf ihn aufmerksam gemacht.
Gustav Georg Winkler
Der Miinchener Gustav Georg Winkler (1820-
1896) und seine Islandreise 1858 fiihren uns noch
einmal zu Krug v. Nidda zuriick. Es ist erstaunlich,
dass so lange nach diesem (und noch lánger, fast 50
Jahre, nach A. G.Werner) der Alpengeologe und
Professor am Polytechnikum Munchen wieder auf
alten, lángst verlassenen Wegen wandelte. In
seinen zwei Islandbuchem (1861, 1863) — sonst
schönen und lebendigen Schilderungen - bemuhte
er sich námlich erneut, das “máchtige Bollwerk der
Plutonisten“ durch “neptunistische Lehren“ zu
ersetzen. Darin zeigte sich wohl vor allem der
Einfluss seines Lehrers Joh. Nepomuk Fuchs.
Dieser war zwar ein túchtiger Mineraloge, aber
auch er versuchte sich lange nach Wemer als
“Neoneptunist“ oder (so Zirkel 1862) “Ultra-
neptunist". Bei Fuchs wie bei Winkler wird bei
ihrer konservativen Einstellung gewiss ihre
Herkunft aus dem ganz und gar unvulkanischen
Bayerland mitgespielt haben. Auf den gewaltigen
Gegensatz zwischen seiner “Alpenheimat" und
dem “nordischen Eiland“ hat Winkler selbst
hingewiesen und mit Recht die auch positive Seite
eines solchen Gegensatzes hervorgehoben: wer von
Jugend an eine bestimmte wissenschaftliche
Auffassung gewöhnt ist, der ist vielleicht besonders
befáhigt, in fremdem Land “vorgestellte Aufgaben
zu lösen“.
Den Anlass zu dieser Islandfahrt gab der noch
heute hochgeschátzte Erforscher nordischer
Rechtsgeschichte und Munchner Professor Konrad
von Maurer (1823-1902). Auf Wunsch der Bayeri-
schen Akademie der Wissenschaften wurde be-
schlossen, ausser dem Geisteswissenschaftler auch
einem Naturforscher-eben G. G. Winkler die Reise
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