Mitteilungen der Islandfreunde - 01.06.1932, Blaðsíða 9
sagte Brandur, ,,in meiner Jugend waren die Montags-Monde ge-
wöhnlich die besten Monde. Aber jetzt hat sich das geandert, so wie man-
^hes andere. Sie sind jetzt geradezu die schlechtesten geworden, meine
Liebe, und uberhaupt ist es ganz gleich, wo die Monde erscheinen, wenn
das Wetter so ist, wenn es einmal diese Art angenommen hat; ja, so ist’s!"
„Ein elender Zustand," meinte Gudrun, „diese Heunot! Und alle nahezu
gleich dran, keiner hier in der Gemeinde, der etwas abgeben könnte, aufier
dir, Vater."
„Ja, es ist eben so, wie es natiirlich ist," antwortete Brandur, „wie es
natiirlich ist in den Augen eines, der blind und abgelebt ist wie ich. Aber
wie steht es um euch ? Hat J ón selbst genug Heu ? Was meinst du ? Hat
er im Notfall wohl genug?"
„Doch, wir haben fur uns genug," antwortete Gudrun. „Aber es bleibt
uns nicht. Jón gibt solange ab, bis er selber nicht mehr kann und fest-
sitzt. Er sorgt fur andere wie ftir sich selbst."
„Was fúr ein Unsinn ist das ?! Was ftir einen Sinn hat es, so mit sich
umzugehen. Jeder soll zunáchst an sich selbst denken," meinte der Alte.
„Ja, ja, gewiJ3, aber das gentigt wohl nicht. Er steht auf einem Posten,
^o er an die anderen denken mufi; er mu/3 an die Gemeinde denken — wie
inimer der Dank auch ausfállt. Er steht wie auf gltihenden Kohlen, heute
Eacht konnte er nicht schlafen und war ganz aufier sich. So nahe geht
ihrn die Sache."
,,So, er konnte die Nacht nicht schlafen?" fragte Brandur. „Und was
bedeutet das? Was soll das, Tag und Nacht deswegen zu wachen? Da-
Von wird die Sache doch nicht besser. — Er kann doch sclilieBlich nichts
tun, wenn die anderen am Ende sind."
„Nein, das ist riclitig," antwortete die Frau. „Das kann er nicht. Auch
vvird es nicht besser, wenn er dartiber nicht schláft. Aber es ist nun einmal
so- Er ist am Ende seiner Kráfte von all dieser Quálerei mit der Gemeinde-
leitung und all dem Undank, den er obendrein daftir einsteckt. Sogar
sein Heim hat er tiber dieser Arbeit vernachlássigen mtissen. Jetzt ist das
MaJ3 voll; er hat nichts von all der Mtihe und dem Zeitaufwand. Er ist
völlig erschöpft, und auch ich habe die Sache grtindlich satt. Wir denken,
uns von alle dem loszumachen und náchstes Frtihjahr nach Amerika zu
gehen. Dartiber hat Jón, glaube ich, heute Nacht gebrtitet."
,,Bist du da mit dabei?" fragte Brandur und ergriff den Arm seiner
Tochter. — „Bist du da mit dabei, das Heu von euren eigenen Tieren fort-
zugeben und euch selber mittellos zu machen ? Bist du mit dabei, von mir
fort und nach Amerika zu gehen, von deinem Vater, der am Rande des
Grabes steht?"
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