Mitteilungen der Islandfreunde - 01.06.1932, Blaðsíða 12

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III. NORDISCHES IN DER MUSIK Wenn es besonders notwendig erscheint, dieses Thema einmal ausftihrlicher zu behandeln, so kommt es in erster Linie daher, daB man leider allgemein ziem- lich wenig Vertrauen in nordische Musik setzt. Manche scheinen der Ansicht zu sein, dafl die Musik eine rein siidlándische Kunstgattung sei und es daher eigentiich keine nordische Musik gebe, — oder wenn eine solche in Erscheinung trete, so sei sie dann eben schlecht. Viele haben aber kein Gefiihl dafiir, was eigentlich nordisch ist und was nicht. In der Tat kommt es hier mehr auf das Gejúhl fiir das Nordische an, denn in Worten láBt es sicli schwer sagen, was nordisch ist und was nicht. Die letzten Dinge und innersten Gefiihle sind nicht greifbar und am allerwenigsten in der Musik, deren erster und letzter Wert in dem Unantastbaren, tiberirdischen beruht. Vielleicht kommt man der Sache náher, wenn man sagt: der Siiden schafft seine Kunst nach auBen und der Norden nach innen. Deshalb hángt die Kunst des Nordlanders immer eng mit dem Menschlichen, Seelischen zusammen, wahrend der Siidlánder die Kunst an sich unabhángig vom Menschlichen, Irdischen schaffen kann. Busoni nannte dies die „himmlische“ Musik und meinte damit z. B. Mozart, den er gegen Beethoven stellte. Indem er Beethoven verleugnete, bekannte er sich einmutig zum Suden. Wenn es hier heiBt: die nordische Kunst wendet sich nach Innen, sobedeutetdasauch, daB der Nordlánder immer gewisse „Hemmungen" in seinen ÁuBerungen hat. Die nordischen Komponisten schreiben ihre Werke oft ,,gegen“ die Instrumente, wáhrend der Siidlánder sie mehr aus dem „Gegebenen" entwickelt. Der Nordlánder erreicht in der Kunst daher oft die tiefsten Wirkungen, wenn er seine Gefuhle „vergrábt", am tiefsten nach Innen wendet. — Am weitesten kommen wir in solchen Betrach- tungen, wenn wir uns damit befassen, wie die ursprúnglichsten unverbildetsten Nord- lánder empfanden und handelten. — In derLiteraturhabenwirdafúrzugleich ein histo- risch wahres Vorbild, das Weltgeltung besitzt: die islándischen Eddas und Sagas. „Ge- messen an Geschlossenheit und Wucht der altislándischen Dichtung steht alle andere altgermanische tíberlieferung wie ein karges Bruchstúck da!" sagt ein prominenter Fachmann auf diesem Gebiet. Nun: — in der Musik ist das auch nicht viel anders, nur handelt es sich da nicht um reife Kunst, sondern um noch unentwickelte Volks- musik. Bei der folgenden Betrachtung wird sich der Verf. dieser Zeilen sowohl an die ihm angeborenen wie altnordisch úberlieferten Voraussetzungen wie auch an dieses Vorbild der Volksmusik halten, das er als gebúrtiger Islánder jahrelang sowohl lebendig nach dem Volksmunde wie auch durch úberlieferte Manuskripte und Arbeiten und durch eigene phonographische Aufnahmen nach islándischen Bauern studiert hat1. Bei einem solchen Studium2 ist die kunstlerische Stilforschung maBgebend gewesen. Diese hat es nicht allein mit dem zuweilen undeutlichen Notenbild zu schaffen, son- dern befaBt sich ebenso mit dem Vortrag und dem ganzen Geist, der in dieser Volks- musik wohnt. Leider ist der Sinn hierfúr und wohl auch fúr jede nationale Musik- eigenart durch die volkstúmlichen Albums und Sammlungen der Allerwelts-Volks- liedersammler schon bei der Allgemeinheit ziemlich verdorben, denn gewöhnlich ent- halten solche Sammlungen nur durch Zufall etwas wirklich Nationales. — Die folgende Betrachtung muB gewiB zugleich ein persönliches Bekenntnis bilden. Die volle Objektivitát bleibt der engeren Wissenschaft vorbehalten. Hier handelt es sich um Betrachtungen, die vorwiegend aus rein kúnstlerischen Erkenntnissen und Instinkten geboren sind und im engen Zusammenhang mit den kúnstlerischen Tendenzen des Verf.s als schaffenden Kúnstlers stehen. Eine Begrúndung wissen- schaftlicher Art scheidet daher zunáchst aus. Nur angefúhrte Beispiele der Musik- 1 Vgl. „Islándische Volksmusik und germanische Empfindungsart", „Die Musik". Oktober 1923. 2 Islándische Volkslieder, I—II. Mitteilungen der Islandfreunde. Juli 1931, Oktober 1931. 70

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