Mitteilungen der Islandfreunde - 01.06.1932, Blaðsíða 29
' on nur io km, aber durch einen Gebirgszug getrennt, der dem Verkehr groBe Sckwierig-
keiten macht.
Diese letzten Unterschiede sind zwar nicht alt, nur augenblickliche Stufen der Uber-
remdung, aber sie machen es oft schwer oder gar unmöglich, altere Unterschiede zu
erkennen. Trotzdem liegen deren noch so viele zutage, daB eine Sammlung nicht als
abgeschlossen gelten kann, wenn sie nicht in alle Landesteile gefiihrt hat. Hierzu
aber haben mir die zwei Sommer leider nicht ausgereicht1.
®as, was die Staatsstucke der Sammlungen bei primitiven Völkern liefert: Waffen
únd Gegenstánde des Kultes und Aberglaubens, fehlt der islandischen Sammlung
hatiirlich2. Ebenso enthált sie keine Möbel und Töpferarbeiten, denn auch sie sind
ln Island nicht heimisch3, und auch keine sehr alten Sachen1. Auch wirkliche Prunk-
stúcke der islándischen Weberei und Schnitzerei fehlen. Sie sind kaum noch irgend-
'm Besitze solcher Familien, die bereit sind, sie zu veráuBern. Viel von ihnen ist
h® Museum in Reykjavík, viel in wohlhabenden Privatháusern, in denen sie dieselbe
ttolle spielen wie in Deutschland alte Truhen und Zinngeschirr. Sehr viel ist aber nach
Und nach von Reisenden und Kaufleuten ins Ausland verschleppt, in Museen auBer-
balb Xslands ist jedoch nur sehr wenig.
Immerhin konnte ich doch einige Stticke bekommen, die einen guten Eindruck von
und Höhe des heimischen islándischen Kunsthandwerks geben, wenn sie auch
kein Meistersttick sind. Es sind vor allem zwei groBe Decken und ein Sattelkissen
ln verschiedenen Webarten, mehrere mit Brettchen gewobene Bánder mit eingewobenen
Namen, eine Anzahl schön geschnitzte Kasten verschiedener Art und GröBe und EB-
nápfe mit geschnitztem Deckel sowie zwei geschnitzte Bettbretter, das eine mit der
^trophe:
Svæfillinn minn og sænginn mín
sje onnur mjúka hondinn þín,
enn aðra breið þú ofan á mig,
er mér svo værðinn rósamlig.6
Wertvoll scheinen mir auBerdem die letzten Webebrettchen, von denen ich erfahren
k°nnte, und die mir mit der Einrichtung zum Weben tiberlassen wurden; ich habe
^eite Wege um sie machen mtissen.
Ferner möchte ich hervorheben zwei Frauentrachten, wie sie noch heute viel ge-
i-rngen werden, eine Sonntagstracht mit reichem Silberschmuck in Filigranarbeit
Und eine ftir den Alltag, dann das genannte Modell eines Hofes, verschiedene Geráte
r927 war ich in allen Teilen der Nordwesthalbinsel und im westlichen und mittleren
■^ordland, 1929 im östlichen Nordland, der Nordhálfte des Ostlandes und im mittleren
Shdland. Somit fehlen das mittlere Westland und der Stidosten, auBerdem einige
kleinere Landstriche (zum Beispiel der áuBerste Nordosten und Stidwesten). Jedoch
kenne ich die meisten dieser Gebiete von frtiheren Fahrten (1923 und 1924), wenn auch
zum Teil nur fltichtig. 3 Jedoch ist mir ein Gegenstand des Aberglaubens in die
hiúnde gefallen: ein „Lösestein" (lausnasteinn). Es ist eine kleine an den Strand ge-
Miebene Schale oder Schote irgend einer uberseeischen Fruclit. Dem Finder bringt
dieser ,,Stein“ Glúck, wenn er ihn wohl verwahrt, Ungltick, wenn er ihn fortgibt.
Legt eine Wöchnerin ihn unters Kopfkissen, so stirbt sie nicht im Wochenbett (daher
Name, lösen = entbinden). 3 Eigentliche Möbel hat es in Island kaum gegeben.
le Bettstellen werden fest eingebaut, ebenso gewöhnlich die Tische. Stuhle waren
eelten, man saB auf Kisten, die gleichzeitig die Schránke ersetzen (wie bei uns die
ruhen) oder auf dem Bettrand, denn Wohn- und Schlafraum waren eins. Statt der
chránke hat man auBerdem sehr oft eingebaute Börte und Facher. 1 Die Ausfuhr
u°n Sachen, die álter sind als 150 Jahre, ist in Island verboten. 6 Zudeutsch: Mein
v°pfkissen und mein Oberbett sei Deine eine milde Hand, die andere aber breite
°er mich, dann ist mir der Schlaf ruhig. — Ganz fehlen der Sammlung die seltenen
Prunkvollen Frauensáttel und die ebenfalls seltenen reich geschnitzten Mangelhölzer.
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