Milli mála - 01.01.2013, Blaðsíða 112
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gibt auch eine Klage von Tómas Sæmundsson zu erkennen, der in
einem Brief vom 6. September 1835 an Jónas Hallgrímsson
schreibt:
Seit ich im Frühjahr, zu Beginn des Sommers, aus dem Norden abgereist
bin, hatte ich keine Gelegenheit mehr, am Reisebuch weiterzuarbeiten,
und ich habe das Gefühl, alles vergessen zu haben, und ich habe keine
rechte Lust, es in die Hand zu nehmen, denn ich sehe gar keine Zeit, so
viel zu studieren, wie es erforderlich ist. Die Nebelgeister nehmen mir so
gleich allen Mut […].12
Bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts hatten Reiseberichte noch
die genuin aufklärerische Funktion, Informationen und Kenntnisse
zu verbreiten. Sie sollten dies aber nicht mehr ausschließlich in der
wissenschaftlich-systematischen, sondern zunehmend auch in einer
unterhaltenden Form tun. Zum Nützlichen sollte sich also das
Angenehme gesellen, ohne dass der Bericht in fantastische Regionen
abgleiten durfte. Dieser doppelten Anforderung, Informieren und
Unterhalten, wurden zwei Textsorten besonders gerecht: das Reise-
tagebuch und der Brief. Beiden ist die Möglichkeit von Orts- und
Zeitwechseln sowie der Bezug auf ein reisendes Subjekt inhärent:
Daß die Tagebuch- und Briefform nur ein Kunstgriff ist, der die Wahr-
haftigkeit der Reise, den Duft der persönlich, mit eigenen Sinnen er-
lebten Erfahrung beglaubigen soll, beweist die Tatsache, daß die Bücher
in den meisten Fällen a posteriori verfaßt oder nachträglich überarbeitet
werden. Dies geschieht mit Hilfe einer Erinnerungsarbeit, die außer den
selber gemachten Erfahrungen und Kenntnissen aus eigener Hand auch
Fakten und Nachrichten aus anderen, vergleichbaren Büchern oder ande-
ren Quellen mit einbezieht. (Brilli 1997: 44)
Die doppelte Anforderungsstruktur findet sich in den Reiseberichten
des 18. Jahrhunderts auch in der Gliederung wieder: So wird ein
12 TS 1907: 164. „Síðan ég fór að norðan í vor um sumarmálin hefi ég ekki komist til að taka á
ferðabókinni og mér finnst ég vera búinn að gleyma því öllu, og ekki finst (sic!) mér ég hafa lyst
til að sýsla neitt þar við, því ég sé mér engan tíma til að stúdera svo mikið sem það útkrefur.
Þokuandarnir eru þannig strax búnir að taka úr mér allan kjark […].“
„AUS EINEM BRIEF AUS ISLAND“