Milli mála - 01.01.2013, Page 118
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lich, dass Tómas Sæmundsson sich intensiv mit diesen Fragen be-
schäftigt, sie offenbar auch in Kopenhagen diskutiert hat und sich
nicht scheute, dem heimischen Publikum seine Ansichten zu unter-
breiten. Seine Direktheit und Furchtlosigkeit fallen ins Auge, ob-
wohl seine Fjölnir-Kollegen − wie aus dem oben zitierten Brief
hervorgeht − bereits einige Stellen entschärft hatten. Nachdem
dieser Exkurs beendet und zusammengefasst ist, folgt ein ebenfalls
sehr kritischer, wenngleich nicht so negativ ausfallender Exkurs
über Bildung, Buchdruck, Bücher und Zeitschriften in Island
(79–83), der in Anmerkungen über die politische und administra-
tive Struktur mündet (83–85).
Der zweite, kürzere Teil des Briefes hat die Reiseetappe von
Reykjavík nach Nordisland zum Gegenstand. Tómas Sæmundsson
brach im späten September auf und sah, nach eigener Aussage, ei-
nen guten Teil des Südlandes und des Nordlandes. Im Bericht hal-
ten sich Angaben über das eigene Erleben und den Reiseverlauf
aber sehr in Grenzen. Vielmehr nutzt der Autor die Gelegenheit,
um streng mit den isländischen Reisegepflogenheiten ins Gericht
zu gehen, die als ineffektiv, verschwenderisch und große Last für die
Bauern beschrieben werden (85–88). Hier scheint erneut die
Erfahrung der zurückliegenden Jahre durch, die es erlaubt,
Vergleiche zu Sitten in anderen Ländern zu ziehen. Positiv werden
Neuerungen in der Landwirtschaft hervorgehoben, besonders gut
geführte Bauernhöfe beschrieben sowie Versuche im Forst- und
Gartenbau (88–92), deren Darstellung viel Platz einnimmt. Diese
Textpassagen haben fast volkspädagogischen Charakter und stehen
im Einklang mit aufklärerischen Schriften. Es ist bemerkenswert,
mit welchem Selbstbewusstsein der junge Mann gestandene Bauern
und andere Leute beschreibt und beurteilt.
Die Handelsplätze im Norden erfahren negative Aufmerksamkeit
und ihre Einwohner, insbesondere aber Kaufleute und Beamte, wer-
den für unmoralisches Verhalten und schlechte Sprache kritisiert,
wie es dem Diskurs der Zeit durchaus entspricht (92–93).18
Erstaunlicherweise schließt der Bericht mit Beschreibungen des
18 Hier kann wiederum Johann Gottfried Seume mit seinen Beschreibungen einiger Dörfer in
Sizilien und andernorts in Italien herangezogen werden.
„AUS EINEM BRIEF AUS ISLAND“