Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1942, Blaðsíða 102
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LE NORD
Es kennzeichnet die Wissenschaft, dass sie alle Qualitáten
eliminiert; sie bescháftigt sich nur mit Relationen: Man kann die
Qualitáten immer »iiberspringen«, denn wenn einige Qualitáten
(k) gesetzmássig abhángig sind von besonderen Verháltnissen (n)
und einige andere Relationen (r2) abhángig sind von den beson-
deren Qualitáten (k), so sind die Relationen r2 gesetzmássig ab-
hángig von den Relationen ri; der dazwischen liegende qualita-
tive Faktor kommt nicht in Frage. Hieraus folgt ja aber keines-
wegs, dass es keine Qualitáten gibt. In einem klar begrenzten
Fall, wenn es sich námlich um uns selber handelt, wissen wir
etwas vom »Wesen« des Seienden. Wenn aber einmal — und
dies ist eine der wenigen Hypothesen Kailas — ein biologisches
System, námlich das Grosshirn, ein uniibersehbar reiches »Wesen«
enthált, die hierarchische Vielfalt unserer Erlebnisse, dann kann
man nicht umhin zu generalisieren, dass auch andere biologische
Systeme eine entsprechende qualitative Vielfalt enthalten. Die
Qualitáten treten nur nicht in Erscheinung.
In der Fortsetzung seiner Analyse zeigt der finnische Philo-
soph, dass auch die relationelle Seite des Daseins einigermassen
nicht-additiv ist. Er verweilt bei der Quantumtheorie und Ed-
dingtons Schlussfolgerungen iiber das Entstehen der Sterne, die
einen so starken Eindruck hinterlassen, dass unser menschliches
Denken zuweilen sein Ziel verfehlt. Vielleicht sind die Atome
nicht rein additive Bildungen, vielleicht wirkt ein noch unent-
deckter Feldfaktor bei deren Entstehen mit, vielleicht ist ihre
Entstehung ein organisches Geschehen, »vielleicht ‘wáchst’ unter
gewissen Voraussetzungen das Eisen gleich dem Gras unter ge-
wissen irdischen Bedingungen«. Das, was wir mit Darwin die
»Entwicklung« zu nennen uns gewöhnt haben, geschieht jeden-
falls nicht in einer additiv erklárbaren Weise. Die Entwicklung
scheint beherrscht zu sein durch fiir die Organismen als Ganz-
heiten kennzeichnende, somit nicht-additive Gesetze, durch die
Systeme höherer Ordnung möglich werden. Die Anpassung der
Organismen ist in dem Sinne begrenzt, dass lebensfáhige Anpas-
sung in grösserem Ausmasse auftritt als man unter ausschliess-
licher Beriicksichtigung der additiven Erklárungsgriinde erwarten
könnte. In gleicher Weise findet man in der Tátigkeit des Seelen-
lebens und des Nervensystems zahlreiche Belege fiir den nicht-
additiven Charakter dieser Prozesse. Nicht einmal die Reflex-
bewegungen werden nunmehr als maschinenmássig angesehen, als
mechanische Verláufe (es ist dies ein Gedankengang, der mit
Schárfe auch in Persoonallisuus hervorgehoben wird). Nicht ein-