Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1942, Blaðsíða 169
SNORRI STURLUSON
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Hákon Hákonarson erfahren wir verschiedenes iiber sein Leben
und seine Kámpfe, aber iiber seine literarische Tátigkeit und seine
historischen Interessen existieren in den zeitgenössischen Quellen
nur einige vage Andeutungen (vgl. z. B. unten S. 163). Und doch
war er unzweifelhaft der gelehrteste Mann und produktivste
Schriftsteller seiner Zeit. Wáhrend seine Zeitgenossen dariiber
schweigen, zeugt sein Werk davon.
Snorri Sturluson wurde 1179 auf dem Bauerngut Hvammr
im islándischen Westlande geboren und gehörte einer Familie an,
die etwa ein Jahrhundert lang dem politischen wie dem literari-
schen Leben Islands sein Gepráge gegeben hat. Die einflussreiche
Stellung dieser Familie wurde durch Snorris Vater Sturla ÞorSar-
son (f 1183) begriindet. Dessen drei Söhne ÞÓrðr, Sighvatr und
Snorri wurden sámtlich leitende Mánner auf Island, die grösste
politische Macht erlangte jedoch Sighvatrs Sohn Sturla, der sich
beinahe das ganze Land untertánig machte.
Kiinstlerische Begabung und schriftstellerisches Talent zeich-
neten Sturla ÞÓrSarsons Nachkommen, »die Sturlungen«, aus.
Keiner konnte so wie Sighvatr sich in einer anschaulichen und le-
bendigen Bildersprache ausdriicken. Als er einmal schildern sollte,
wie es ihm in einem kritischen Falle gelungen war, seinen Bruder
Snorri fiir eine Sache zu gewinnen, der dieser bisher feindlich
gesinnt gewesen war, tat er dies in folgendem Bilde: »Als ich zu
Snorri kam, trug dieser eine Axt auf der Schulter, die so scharf
war, dass ich glaubte, sie könnte alles nur Erdenkliche schneiden;
dann aber zog ich einen Wetzstein aus meinem Beutel hervor
und strich mit ihm iiber die Schneide, und noch bevor wir uns
trennten, war die Axt so stumpf, dass sie mich geradezu an-
láchelte.« In einem anderen Falle beschrieb Sighvatr in ausfiihr-
licher Weise seinem herrschsiichtigen Sohne Sturla, wie der von
diesem so heiss ersehnte Landbesitz eigentlich aussehen sollte:
dieser Landbesitz sollte ganz Island sein, und die fiihrenden Mán-
ner des Landes sollten Knechte sein auf diesem grossen Hof. So
wollte es Sturla haben, meinte sein Vater!
Von Snorri Sturluson berichtet eine zeitgenössische Quelle,
er sei im Gebrauche seiner Hánde so geschickt gewesen, dass alles,
was er schuf, Kunst wurde. Auch fiir die Arbeiten anderer konnte
er die besten Ratschláge erteilen, heisst es weiter.
Sturla ÞÓröarson, Snorris Brudersohn und nach Snorri
der grösste Schriftsteller und Dichter des Sturlungengeschlechts,
hatte eine bemerkenswerte Gabe, in einer ungewöhnlich faszi-