Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1942, Page 78
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LE NORD
i. Juni 1870, dessen Geltung kurze Zeit darauf auch auf die síid-
deutschen Glieder des inzwischen gegríindeten Kaiserreiches aus-
gedehnt wurde. Die Griinde dieser Entwicklung sind ausserst
mannigfaltig. Einerseits wirkte mit die stark zunehmende Beteili-
gung des Einzelnen am öffentlichen Leben, eine Folge des aktiven
und passiven Wahlrechts in Gemeinde und Staat, ferner die Ober-
nahme immer weiterer Aufgabenkreise durch Staaten und andere
öffentliche Körperschaften, was zu einer ungeahnten Ausdehnung
und Bedeutung des Beamtentums fiihrte; andererseits bewirkten
die Entwicklung der öffentlichen Yerkehrsmittel und verbesserte
Bildungsmöglichkeiten, dass es dem Einzelnen auch in der Ferne
bedeutend erleichtert wurde, die Verbindung mit der urspriing-
lichen Heimat zu bewahren, was natiirlich das vollstándige Ein-
leben in den Körper des Wirtsvolkes erschweren musste.
Angesichts dieser Entwicklung musste es auch in den nordi-
schen Staaten als ein immer dringlicheres Bediirfnis angesehen
werden, die Regeln iiber den Erwerb und den Verlust der Staats-
angehörigkeit zu kodifizieren, dabei die Erfahrungen anderer
Lánder und moderne Gesichtspunkte zu beriicksichtigen und end-
lich die Obelstánde der Doppelstaatigkeit und Staatenlosigkeit zu
beseitigen. Bereits der vierte nordische Juristentag in Kopenhagen
1881 (vgl. »Le Nord« 1939, S. 153) hatte die Frage der Staats-
angehörigkeit auf die Tagesordnung gesetzt, und im Jahre 1888
verfassten dánische und schwedische Delegierte einen Gesetzent-
wurf, nachdem die Regierungen der beiden Lánder sich dariiber
verstándigt hatten, eine möglichst gleichartige Regelung der ein-
schlágigen Fragen durchzufiihren.
Die norwegische Regierung wurde mit den Arbeitsergebnissen
der dánisch-schwedischen Delegierten bekannt gemacht und zur
Teilnahme an der eingeleiteten Zusammenarbeit eingeladen. Ob-
wohl Norwegen kurz zuvor, am 21. April 1888, ein neues Staats-
angehörigkeitsgesetz erlassen hatte, war es zur Teilnahme bereit,
und im April 1889 begannen Vertreter aller drei Staaten die Be-
ratungen iiber eine gemeinsame Regelung der Fragen vom Erwerb
und vom Verlust der Staatsangehörigkeit. An diesen Beratungen
nahmen teil von dánischer Seite Universitátsprofessor J. H.
Deuntzer und Ministerialrat im Ministerium des Innern J. J. Ahn-
feldt, von norwegischer Seite Universitátsprofessor B. H. v. Mun-
the af Morgenstjerne und Legationsrat A. Huitfeldt sowie von
schwedischer Seite Ministerialdirektor im Justizministerium P. Is-
berg. Die Beratungen wurden in Kopenhagen begonnen und im