Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1942, Side 103
PHILOSOPHISCHE STRÖMUNGEN 93
mal das Verhalten gehirnloser Frösche kann additiv erklart
werden.
Uberall in der Welt des Geschehens finden wir Prozesse, die
nicht bloss additiv erklart werden können. Nur bis zu einem
gewissen Grade lassen sich Organismen und phanomenelle Ein-
heiten auf die Typen physischer Gestalten zuriickfiihren. Es ent-
stehen immer wieder Reste, die nicht mit der additiven Betrach-
tungsweise erklárt werden können. Gerade daher kommt einem
das ganze Dasein irgendwie als nicht-additiv vor. Wer kann
gewichtige Einwánde erheben gegen den Gedanken, dass auch
das Anorganische seine qualitative und nicht-additive Seite hat,
obwohl die Wissenschaft sie noch nicht erfasst hat! Nimmt man
an, dass alle Qualitáten der Welt den singularen Relationen des
Raumes, der Zeit und der Vielfalt zugeordnet seien, ganz wie
die Erlebnisqualitáten dem System des lebenden Gehirns zuge-
ordnet sind, und bezeichnet man weiter mit einer kíihnen Verall-
gemeinerung die qualitative Seite des Daseins als »Geist«, dann
kann man sagen: qualitativ ist alles »Geist«, relationell ist alles
»Materie«.
Diese áusserst gedrángte Wiedergabe der Philosophie Kailas
ist vielleicht dem Leser zu lang geworden. Es diirfte aber von
Interesse sein darauf hinzuweisen, dass ein finnischer Denker,
der mit den wissenschaftlichen Strömungen der Gegenwart inner-
halb der verschiedenen Disziplinen griindlich vertraut ist, auch
versucht hat, seiner Philosophie ein gewisses monistisches Gepráge
zu verleihen. Fiir ihn selbst sind die Darlegungen in den Bei-
trágen sicherlich nur ein Spiel des Grosshirns mit dem manifesten
Inhalt des Bewusstseins. Das aber ist die vornehmste aller mensch-
lichen Bescháftigungen.
In der letzten Zeit hat sich Kaila, wie schon angedeutet, der
Erkenntnistheorie und Logik im engeren Sinne zugewandt. Sein
letztes Werk war eine ausgezeichnete Einfiihrung in die moderne
Erkenntnislehre (Inhimillinen tieto, mitá se on ja mitá se ei ole:
E)as Erkennen, was es ist und was es nicht ist), und gegenwártig
legt er die letzte Hand an ein Buch iiber die Wirklichkeits-
begriffe der modernen Physik. Kaila ist rastlos. Er ist der wahre
Sucher, und wenn auch gewisse Teile seiner Produktion eklek-
tische Ziige tragen, ist seine gedankenerweckende und anregende
Tátigkeit ein sehr grosser Wertfaktor im finnischen Geistesleben
von heute.
Im Gegensatz zu diesen beiden ist der Professor der Philo-
sophie an der finnischen Universitát in Ábo (Turun Yliopisto)