Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1942, Side 172
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seine historischen Interessen und seine literarische Tatigkeit ist ein-
leuchtend. Jón Loptsson war selbst ein hochgebildeter Mann, und
sein Sohn Páll, ein Zeitgenosse Snorris und Bischof in Skálholt,
hatte sich in England eine gelehrte Bildung erworben. Auf Oddi
standen sowohl Buchwissen wie míindliche Oberlieferungen hoch
in Kurs. Dort miindete die Bildung von europáischen Kloster-
schulen mit alten Familieniiberlieferungen von Island und Nor-
wegen zusammen. Jón Loptssons Grossvater, Sæmundr der Weise,
hatte sich ja seine gelehrte Bildung Ende des n. Jahrhunderts in
Frankreich erworben, und Jóns Sohn Páll brachte sicher von
seinem Besuch in England einen reichen Schatz an Wissen mit.
Hierzu kam die nahe Verbindung des Oddi-Geschlechts mit dem
norwegischen Königshause durch Jóns Mutter ÞÓra. In dieser
Umgebung konnte Snorri sich auf zwei Wegen eine eingehende
Kenntnis der Geschichte der norwegischen Könige erwerben,
einerseits námlich mittels der gerade dieser Geschichte gewidmeten
historischen Werke Sæmunds des Weisen, mit denen die Familie
auf Oddi besonders vertraut gewesen sein diirfte, andererseits
durch die miindlichen Oberlieferungen iiber die norwegischen Kö-
nige, die durch ÞÓra Magnúsdottir nach Oddi gelangt waren.
Snorri wurde auf Oddi nicht zum Krieger erzogen, sondern zu
einem gelehrten und gesetzeskundigen Manne.
Im Jahre 1199 heiratete Snorri, durch Vermittlung seines
Pflegebruders Sæmundr Jónsson auf Oddi, Herdís Bersadóttir
von Borg im Westlande. Die Hochzeit wurde auf Hvammr gehal-
ten, wo Snorris Mutter GuSný nach dem Tode ihres Mannes ver-
blieben war. Als Neuvermáhlte wohnten Snorri und Herdís einige
Jahre auf Oddi, zogen aber nach dem Tode von Snorris Schwie-
gervater auf dessen Hof Borg. Bersi hatte sich ein grosses Ver-
mögen erworben, und dieses erbte nun Snorri.
Snorri sass nun auf dem Hofe seines Stammvaters Egill Skalla-
grímsson. Bald wurde er jedoch der Ehe und des Hofes iiberdriis-
sig und verzog nach einem anderen Hof, Reykjaholt, weiter nach
Osten zu. In einer zeitgenössischen Chronik wird berichtet, dass
ein Mann namens Egill Halldórsson, der auf Borg wohnte, — auch
er war ein Nachkomme der Myramánner, d. h. aus Skallagríms
Geschlecht — kurz vor Snorris Aufbruch von Borg einen selt-
samen Traum hatte. Es schien ihm, als ob Egill Skallagrímsson,
der Eigentiimer des Hofes am Ende des 10. Jahrhunderts und
Snorris Stammvater miitterlicherseits, zu ihm káme und ihn zor-
nig fragte: »Gedenkt Snorri, unser Verwandter, von hier weg-