Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1942, Side 179
SNORRI STURLUSON
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schen Götterlehre handelt. In diesem Falle ist die ganze Edda nach
der Norwegen-Reise zustande gekommen, und zwar wahrschein-
lich nach 1222—23, dem Jahre, in dem Háttatal vermutlich ge-
schrieben wurde.
Seine Tátigkeit als Geschichtschreiber begann Snorri mit
der Saga von Olaf dem Fleiligen. Snorri wollte aus friiheren
Quellenschriften íiber den norwegischen Heldenkönig und aus
den miindlichen Uberlieferungen und Gedichten iiber ihn und
sein Zeitalter, die noch im Volke lebten, ein Gesamtwerk schaf-
fen, das als eine zusammenhángende geschichtliche Schilderung
anerkannt werden konnte. Dieses Werk versah er mit einer kur-
zen Einleitung iiber die friiheren norwegischen Könige, und am
Schlusse fiihrte er eine grosse Zahl von Wundern auf, die sich
nach König Olafs Tode im Jahre 1030 bei Stiklastad ereignet
haben sollten. Erst als diese zusammenhángende Schilderung von
König Olafs Leben fertig vorlag, ging er daran, eine breite Schil-
derung der Geschichte aller norwegischen Könige bis zu König
Sverre zu schreiben. Dieses Geschichtswerk nennen wir jetzt (seit
Ende des 17. Jahrhunderts) Heimskringla, und in dieses Sammel-
werk ist die friihere Saga von Olaf dem Heiligen hineingearbeitet.
Sie stellt eigentlich den Kern der Heimskringla dar.
Die Heimskringla beginnt mit der grauen Vorzeit, mit den
von den Göttern stammenden schwedischen Ynglingen. Dann
geht sie zu den norwegischen Königen iiber, die von den Yng-
lingen abstammen, und gibt schliesslich eine breite Schilderung
der norwegischen Geschichte von Halfdan Schwarze und Harald
Schönhaar bis zur Schlacht bei Re im Jahre 1177.
Dass dieses Werk eine grosse Kompilationsarbeit ist, ist rich-
tig; es steht aber ebenfalls fest, dass ein grosser Geschichtschrei-
ber mit Geist und Geschmack dem ganzen Werke von der ersten
bis zur letzten Seite sein eigenes Gepráge gegeben hat. Snorri be-
herrscht seinen Stoff souverán: er legt ihn zurecht und nimmt das
Wesentliche mit, lásst aber das Bedeutungslose weg; er hat einen
klaren Blick fiir Ursache und Wirkung, iiberschaut die Ereignisse
und verliert in seiner Darstellung niemals den Faden. Mit schrift-
lichen Urkunden, miindlichen Uberlieferungen und alten Dichter-
versen ist er wohlvertraut, und seiner ganzen Darstellung ver-
leiht er eine stilistische Klarheit und Prágnanz, die ihn zum un-
erreichten Meister islándischer Prosakunst macht.
Snorri war Kiinstler und hatte auch das Selbstbewusstsein