Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Blaðsíða 9

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eine ungeheure Kjaft nicht den Ort ihrer Wirkung finden konnte, daB ihr der ge- schichtliche Raum versagt blieb.“ — Diese Tragik Islands besteht bis auf den heutigen Tag. Zwar ist die sechshundertjáhrige Nacht der Hungersnot und Knech- tung des Yolkes durch fremde Herrschaft und unheimliche Naturgewalten end- lich gewichen, aber das Volk erscheint zu klein, um die eigene Kultur zutragen und zu entwickeln. Brscheinen doch die Kiinste Islands z. B. nur als „Ausfuhr- Objekt“ lebensfáhig. Vielleicht wird Deutschland einst dariiber zu entscheiden haben, ob es ge- lingt, diese kulturellen Grundlagen ganz zu entfalten und zu bleibender Reife zu bringen. Die Islánder als Bauern und Seeieute von Hans Kuhn Es wird wenige Kulturvölker geben oder auch gegeben haben, die mit solchem Rechte ein Bauernvolk genannt werden diirfen wie die Islánder. Stádte, stádtische Kultur und Biirgertum gibt es bei ihnen erst im ersten Menschenalter, vor 50 Jah- ren gab es kaum einen Ort, der als Stadt gelten konnte. Darum findet man bis heute nur selten einen álteren Islánder auch der obersten Bildungsschicht, der nicht als Bauernsohn aufgewachsen ist und als Junge irgendwo auf einem der einsamen Höfe in der Friihlingszeit Mutterschafe und Lámmer gehiitet hat und spáter alle die Arbeit gelernt und jahrelang getan hat, die zum islándischen Bauernleben gehört. So ist das Bauerntum bis heute noch die Grundlage der Kultur und des Lebens des gesamten Volkes und jedes einzelnen, ein schöner Ge- meinbesitz, den meisten aber so selbstverstándlich, daB sie nicht wissen, welchen Schatz sie daran haben. Aber dies Bauerntum ist ein anderes als unseres. Der islándische Bauer ist Vieh- ziichter und baut gar keinen Acker und nur wenig Garten. Viel tiefer scheint mir jedoch ein anderer Unterschied zu gehen: er ist zugleich Fischer und Seemann, und fast alle die Mánner, von denen ich sprach, die da auf dem Lande mit Bauern- arbeit aufgewachsen sind, sie sind als junge Burschen auch als Fischerknechte auf die See gefahren, entweder im Winter, wenn die Arbeit auf den Höfen geringer ist, oder im Sommer, wenn Schulen und Hochschulen geschlossen sind und die Heringsschwárme in die Buchten des Nordlands kommen. Sie arbeiteten als Rude- rer und Fischer auf einem der kleinen offenen Boote, in denen die Islánder seit 1000 Jahren zum Fischfang fahren, oder dienten wohl auch auf einem der Fisch- dampfer, die in den letzten Jahrzehnten, wie auch die Motorboote, den alten Ruder- und Segelbooten das Handwerk schwer machen. Erst seit es diese Damp- 9
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