Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Blaðsíða 29
Flugsand fiillt alle Senkungen und Vertiefungen aus. Der Flugsand, der niclit
vom Sander bis auf die Felskante hinaufgehoben wird, bleibt unten am FuB der
Nordseite als Sandböschung liegen, wird z. T. an der Steilkante entlanggefegt
und schleift hier den Felsen zu rundlichen Formen ab.
Einen Úberblick iiber das Vorgebirge hat man von diesem Standpunkt aus
noch nicht, da die Oberfláche nicht plateauartig eben ist, wie es von weitem aus-
sah. Wir reiten weiter, dicht an der Nordseite entlang, und sehen zur Rechten
seltsam aufgetiirmten Dolerit mit zerfressener Oberfláche liegen. Spárlich zeigen
sich Spuren von Vegetation, dann erreichen wir etwa bei zwei Drittel der Lánge
des Felsens dichten Grasboden. Hier scheint der Wind nicht zerstörend zu wir-
ken, da er nicht von Sandfláchen, sondern unmittelbar vom Meere her weht. In
einer friedlichen, griinen Mulde steht das Schutzhaus fiir Schiffbriichige. Hier
lassen wir die Pferde laufen, damit sie grasen können. Nach Siiden zum Meere hin
ist auch jetzt noch der Blick begrenzt durch die höhergelegenen Teile; aber um so
freier und gewaltiger öffnet sich die Aussicht nach Norden. Die Wolken, die den
Öraefa-Jökull bisher umlagerten, zerteilen sich und ziehen sich im Bogen zuriick.
Erhaben und ruhig dehnt sich vor uns die Schneekappe des höchsten Berges von
Island aus. Der Abhang unterhalb der Schneegrenze (bei + 1000 m) liegt im
Dunst, aber zu seinen FiiJIen blitzen in der Spátnachmittagssonne die vielen
Wassertiimpel des Sanders auf.
Dieser höchste Vulkan Islands wuchs nach Thoroddsen und Pjetursson, seit
Anfang der Quartárzeit durch Eruptionen von Basalt, Dolerit, Liparit oder Ob-
sidian und durch Zwischenlagerung von Gesteinen glazialer oder fluvoglazialer
Entstehung bis zur stattlichen Höhe von 2119 m an. Ein Profil durch einen Teil
dieser Serie ist sehr schön aufgeschlossen in der rund 200 m tiefen, steilen, groB-
artigen Schlucht nördlich von Kvísker. Die letzte vulkanische Tátigkeit fand in
historischer Zeit im Jahre 1727 statt. — Ingólfshöfdi war einst ein Teil dieses
Berges und hing in friihquartárer Zeit mit diesem zusammen, denn der Dolerit,
der an der Oberfláche von Ingólfshöfdi ansteht, gehört sehr wahrscheinlich zu
dem Doleritstrom, der bei Fagurhólsmýri zu sehen ist. Spátere Laven oder gla-
ziale Sedimente haben Ingólfshöfdi nicht mehr erreicht. Als am Schlusse der Eis-
zeit die islándische Kiiste tief unter dem Meeresspiegel lag, war auch das heutige
Ingólfshöfdi von Wasser bedeckt. Reste dieses alten Meeresbodens sehen wir z. B.
auch bei Kvjsker in der Terrasse, die zwischen -f- 80 m bis -f- 100 m liegt. In der
folgenden Zeit der Hebung wurde der Meeresboden wieder Land. Dieses wurde
wiederum von der Brandung angegriffen, Steilkiisten entstanden. Unter dem an-
dauernden Angriff des Meeres wurden diese immer weiter ins Land zuriickverlegt.
Steilkiisten aus dieser Zeit finden sich an mehreren Stellen in Öraefi, z. B. bei
Skaptafell, Hof, Fagurhólsmýri und Kvísker. Ingólfshöfdi wurde in dieser Pe-
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