Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Blaðsíða 28
Schneller kommt Ingólfshöfdi náher, wird höher und höher. Schwach lugt die
Sonne durch die Wolken, rötlichhraun leuchten die steilen Felswánde, im stump-
fem Dunkelgrau schlieBt sich der runde Riicken der Diine daran. Bald stehen wir
an ihrem FuB. Noch einmal lustiges Plátschern im flachen Wasser, dann aber ver-
sinken die Hufe der Pferde lautlos im weichen, losen FluBsand. Das Rauschen der
Brandung tönt nicht bis hierher. Stille ringsum. Langsam steigen die Pferde den
steilen Hang der Diine bis zur festen Felskante hinauf. Wir stehen hier auf dem
Westende von Ingólfshöfdi. Ein Blick auf die Karte des dánischenGeneralstabs
(1: 50000 Nr. 88 Ingólfshöfdi N A) zeigt, daB das Yorgebirge etwa die Form eines
in Ostwest-Richtung liegenden Rechtecks hat. Wir sehen ferner, daB die Ost- und
Siidseite steil zum Meere, die Nordseite steil auf den Sander abfállt, wáhrend die
West- und Nordwestseite an eine nach Westen sich erstreckende, sandige Erhe-
bung, — jene Dúne, iiber die wir heraufgestiegen sind —, stöBt. Der höchste
Punkt mit 76 m liegt an der Nordostecke, unser Standpunkt auf etwa 45 m.
Kaum kann man die Karte festhalten, so heftig blást der Wind von Osten her.
Wenn es nicht bekannt wáre, daB in dieser Gegend vorwiegend östliche Winde
wehen, so wiirde uns das die Diine lehren, die sich hier im Windschatten der west-
lichen Steilkante von Nordosten iiber Siidwesten nach Westen hinzieht. Ferner
bemerken wir, daB die Dune einen nach Súden schwach konkaven lang ge-
schwánzten Haken beschreibt, die charakteristische Form fiir Diinen hinter
einem Hindernis, wenn die Sandzufuhr einseitig erfolgt. Da wegen der Luftwirbel
dicht hinter der Felskante weniger Sand zur Ruhe kommt, so liegt der höchste
Punkt der Diine (etwa + 37 m) erst rund 100 m von der Felskante entfernt. Hier-
durch entsteht die Einsenkung, die wir schon von weitem gesehen haben. Der
Sandrúcken flacht vom höchsten Punkt allmáhlich bis zum Strandwall ab. Dieser
zieht in groBartig geschwungener glatter Linie — ein Ergebnis der Kústenver-
setzung —, begleitet von blendend weiBen Streifen der Brandungswellen nach
Westen dahin. Rechts die Lagunen und stillen Wasserarme der Schmelzwasser-
Sandebene, links das unruhige Meer. Fern im Westen verschwimmen Sand, Was-
ser und Meer im nebligen Grau der Wolken.
Mein Beobachtungsplatz, úber den der sandbeladene Wind fegt, zeigt úberall
in auffallender Weise seine Spuren. Da eine schútzende Vegetation fehlt, ist der
anstehende Dolerit1 glatt gescheuert, matt poliert und mit schwachen Riefen in
der Windrichtung úberzogen. WeiB leuchten die groBen Feldspáte aus dem hell-
grauen Gestein. Die lose herumhegenden Steine, meist Dolerit, aber auch verein-
zelt dunkler, olivinhaltiger Basalt, sind durch den Sandschliff zu schönen Wind-
kantern umgestaltet worden. Auch am anstehenden Dolerit fallen einige meter-
lange Windkanten auf, die quer zur Windrichtung verlaufen. Grauschwarzer
1 Thoroddsen u. Pjetursson vermuteten Dolerit auf Ingólfshöfcti.
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