Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Blaðsíða 42
lation und Rutschungen nicht ausgeschlossen seien, zumal sich schon jetzt hin
und wieder Gesteinsstiicke und Blöcke vom Felsen polternd lösten und auf den
Hang rollten. Zunáchst erschien ein Sattel sudlich unseres Nunataks passend. Es
zeigte sich jedoch, daB dieser entfernter und weit steiler als angenommen war, so
daB das Ziehen des Schlittens fur uns eine böse Qualerei wurde, da FuBe und Ku-
fen in den aufgeweichten Firn tief einsanken. Wir gaben diesen Plan daher auf,
kehrten um und wáhlten eine Stelle westlich unter unserem Lagerplatz, wo das
Gefálle etwas geringer war. Dort gruben wir die Sachen in den Firn ein. Auf dem
Schlitten holten wir vom Nunatak her Steine herunter, errichteten eine kleine
Warte, die auf den Sonnenseiten noch mit einem Schneemantel umgeben wurde.
Obendrein knúpften wir an ein einige Meter langes Seil, das am Blechkoffer be-
festigt war, einen leeren Sack, den wir auf dem Schnee ausbreiteten. In diesen
Sack legten wir eine Blechdose mit einem Zettel folgenden Inhaltes: „Depot“,
1 Meter oberhalb Warte — Lebensmittel ftir 15 Tage, Kleidungsstúcke — einge-
graben am 19. Juni 1932,12 Uhr — Inhalt: 1 groBer Blechkoffer — 1 Sack mit
Rucksack — 1 Petroleumtank — Abmarsch heute abendRichtung Svíagígur. Dr.
Helmut Verleger. Dr. Max Keil. Die Rtickseite trug die Aufsehrift in islándischer
Sprache. Sodann maBen wir die Entfernung des Depots bis zum Nunatak in
Richtung einer kleinen kenntlichen Scharte mit 6x/3 Seillángen (133,7 m) und
peilten die genaue Richtung. Nun erst, nachdem wir es so ftir genúgend markiert
und festgelegt hielten, wandten wir uns der Zubereitung eines warmen Essens zu.
Eine Schmelzwasserquelle, die wir am Nunatak-Rande im Bergschrund entdeckt
hatten, lieferte Wasser, so daB diesmal das Kochen schneller vonstatten ging. Es
gab ganz dicken Haferbrei mit Rosinen und 7 Pflaumen ftir jeden. Weiterhin Ka-
kao, von dem wir auch eine Flasche fúr den Marsch fúllten. Da der schlechten
Firnverháltnisse wegen nur ein Nachtmarsch in Frage kam, konnten wir den
Nachmittag úber im Zelte ruhen. Drinnen war es sehr warm, — um 16 Uhr
+24 Grad —, so lagen wir bei offener Túr nur leicht gekleidet auf unseren Fell-
sácken. Gegen Abend, als der Firn bereits etwas fester wurde, unternahmen wir
zunáchst eine Erkundigungsfahrt, denn es galt jetzt, um das flache Eisplateau zu
erreichen, erst am westlichen Steilhang des Godahnúkur herumzukommen und
das Wurzelgebiet des Svínafellsjökull mit seinem gewaltigen bogenförmigen Spal-
tensystem zu umgehen. Fast unmerklich stieg die Talnebeldecke höher und kroch
den Gletscher hinauf. Wir hegten jedoch kaum Beftirchtungen, daB der Nebei bis
zu imserer geplanten Marschroute hinaufdringen wtirde, da er in den beiden vor-
angegangenen Náchten ebenfalls nicht so hoch gekommen war. Der Aufbruch ver-
zögerte sich. Das Wachsen, der Abbruch des Lagers, das Zusammenpacken und
Verzurren nahm, — da die tíbung noch fehlte — eine Menge Zeit in Anspruch.
Um 22 Uhr 50 zogen wir in N 65 W-Marschrichtung von unserem Lager Nimatak
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