Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Side 59

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Side 59
Enge Ereundschaft hat Finn mit deutschen Nordisten verbunden, so mit Hugo Gering in Kiel und Eugen MogTc in Leipzig. Er hat, durch persönlichen wissen- schaftlichen Gedankenaustausch mit ihnen verbunden, inihrer Altnordischen Sagabibliothek eine Anzahl der bedeutendsten Islándersagas herausgegeben, z. B. die Egils saga, die Njála; auch den sog. AbriB der norwegischen Königsgeschichte. So hat er auch unmittelbar zu uns Deutschen gesprochen. Die Ereundschaft der Mánner dieser Gelehrtengeneration beruht auf einer tief- innerlichen Ubereinstimmung der Auffassung von Wesen und Aufgabe ihrer Wis- senschaft. Nach des Norwegers Sophus Bugge phantasiebefliigelter, freilich — das muB mit aller Stárke betont werden — kritisch geziigelter Arbeitsweise machte sich eine Kichtung geltend, die die Ziele nicht so fern steckte, mit gröBerer Niich- ternheit an die Dinge herantrat und den philologisch greifbaren Tatsachen lieber als Vermutungen das letzte Wort gab. Finnur Jónsson hat wenig Verháltnis zu Mythologie und Heldensage, und seine Behandlung der Sprachkunstwerke be- schránkt sich auf philologische Mittel und Ziele. So trat, um ein Beispiel zu nen- nen, die Islándersaga ganz wesenthch unter die Frage: was ist in ihr geschicht- lich % Durch Verwertung stilistischer Beobachtungen glauben wir náher an den schaffenden Kúnstler heranzukommen. Das gilt fur die Prosaerzáhlung wie fiir die einfachen Formen der Edda und die verwickelten der Skalden. Da werden neue Wege mit Erfolg weiter gegangen werden. Aber sie mtissen sich, auch wenn sie anderen Zielen zustreben, groBenteils auf seine Arbeit grúnden. Unerwartet hat Finnur Jónsson am Karfreitag dieses Jahres ein Gehirnschlag getroffen. Kurze Zeit vorher erhielt ich noch eine Lieferung der Gesellschaft zur Herausgabe altnordischer Schriftwerke, deren Vorstand er seit 1895 angehörte, von seiner Hand verschnúrt und mit Anschrift versehen. Seine Arbeitslcraft griff bis in das kleinste. Sie schien unerschöpflich. Ist es eine Sage, die man mir in Kopenhagen erzáhlte, Finnur habe drei Arbeitstische, eineninderUniversitáts- bibliothek, einen in der Arnamagnáanischen Handschriftensammlung und einen zu Hause ? Wo er sich hinsetzt, hat er den ganzen Apparat fúr eine andere Arbeit zur Hand. Darum öfters das Erscheinen verschiedener Werke in schneller Folge. UnvergeBlich wird mir dieser Gelehrtenkopf bleiben: unter borstigem weiBem Haar scharfe kleine Augen, feine Lippen, ein kráftiges Kinn. Die Figur untersetzt und kráftig. Unvergessen wird auch dieFiirsorge bleiben, mit der er Júngere in seine Schátze eingeftihrt hat. Die philosophische Fakultát der Universitát Kiel hat Finnur Jónsson 1929 zu ihrem Ehrendoktor ernannt und damit der Schátzung seiner Leistung Ausdruck gegeben. Kiel, 24. 5. 34. W. H. Vogt

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