Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Blaðsíða 43
ab. Des Hanggefálles und der kommenden Spalten wegen gingen wir zu FuB. Der
Sclditten lief gut. Aber bald hatten wir Last, ihn lángs des Steilhanges vor seit-
lichem Abrutschen und Umkippen zu bewahren. Er hinterlieB eine máchtige Spur
wie der Pflugim Acker. Und zweimal kippte er. Unter MuhenmuBtenwir ihnwieder
aufrichten. Das zweite MalwaresnurwenigeMeternebeneinergewaltigenSpalte,
an der wir lange entlang muBten. Kleinere Querspalten wurden mit einem Ruck
genommen, und langsam kamen wir tiefer. Verdáchtig stieg der Nebel. Die Eirn-
grenze des Talgletschers hatte er bereits erreicht. Wird er weiter steigen ? Werden
wir noch ungehindert durch das Spaltengebiet kommen ? Leise kriecht er herauf.
Breitet sich auf dem flacher werdenden Gelánde aus. Zuerst lichte Schwaden um
uns. Wir marschieren weiter. Dann wird er dichter, und mit einem Male sind wir
mitten im Spaltengebiet — eingenebelt! AberesmuBteversuchtwerden,weiterzu-
kommen. Anseilen! Mit der 2 m langen Berg- und Maststange schreite ich, sorgf áltig
den Boden priifend, voran, einen sicheren Weg durch das Spaltengewirr zu suchen.
Zuerst arbeiten wir uns zwei Seillángen vor, holenden Schlittennach. Dannnur noch
eine. Um Null Uhr 10 geben wir es auf. Die Sicherheit geht vor. Am Morgen
wird der Nebel weg sein. Wir suchten einen festen Zeltplatz, den wir mit der Stange
zuvor griindlichst priiften, um nicht auf eine Schneebriicke zu bauen. Dies Lager
nannten wir „Nebel“. In 1 Std. 20 Min. hatten wir 1,9 km zuriickgelegt.
Am 20. Juni brachen wir um 6 Uhr vom Lager Nebel zunáchst in Kursrich-
tung N30W auf. Das náchtliche Temperaturminimum lag infolge des Nebelein-
bruchs noch 1 Grad iiber Null. Jetzt war es schon +4,5 Grad. Der Nebel war aus
unserer Höhe wieder zuriickgewichen, aber der Himmel bedeckt. Ganz in der
Náhe des Lagerplatzes ein wenig oberhalb starrte eine gewaltige, zerkliiftete Eis-
stirn einer aus dem Firnhang sich herauslösenden Gesimsezunge. Wir gelangten
gliicklich durch das östliche Spaltengebiet hindurch und muBten dabei bis auf
960 m Höhe herunter. Dann ging es langsam wieder am Rande der bogenspalten-
reichen, groBen Sammelmulde des Svínafellsjökull hinauf. Der Schnee war feucht.
Wir muBten schwer ziehen und sanken bei jedem Schritt tief ein. Eine tiefe Spur
bezeichnete unsere Bahn. Die Wolken hingen niedrig. Ein leichter unbestándiger
Wind wehte. Ab und zu zogen leichte Nebelschwaden an uns voriiber. Eine grau-
weiBe Fláche, soweit wir sehen konnten. Da entdeckten wir, daB es keine Schat-
ten mehr gab. Wir selbst, der Schlitten, unsere Bewegungen schattenlos, wesen-
los —. Immer schwerer wurde Gehen und Ziehen. Wir kamen kaum weiter. Um
8 Uhr 5 Min. wurde halt gemacht. In 2 Marschstunden hatten wir nur 1,7 km
zuriicklegen können. Aber es ging nicht weiter. Es muBte wieder Frost abgewar-
tet werden. Und gleichzeitig hofften wir auf giinstigen Wind, der uns helfen sollte.
Dies Lager nannten wir daher „Windhoffnung“.
Um 21 Uhr 50 marschierten wir weiter. Die Sicht war auBerordentlich schlecht.
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