Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1935, Síða 20
wahrend der islándischen Freistaatszeit deutlich zum Ausdruck kommt, der von
den britischen Inseln kommenden dinarischen Rasse zuschreiben. In der Tat ge-
hörten die islándischen Dichter háufig einer dunklen Rasse (der dinarischen bzw.
westischen) an. Er weist darauf hin, daB diese dichterisehe Begabung sich genau
so bei den zuriickgebliebenen Norwegern hátte zeigen mússen, wenn die Islánder
sie von Norwegen bekommen hátten. Ja, sie muBte eigentlich noch stárker in
Norwegen zutage getreten sein, weil die Norweger den Islándern an Zahl weit
úberlegen waren und unter ungleich gúnstigeren Bedingungen lebten. Dieser
Meinung Bryns hat neuerdings Gudmundur Finnbogason in seinem bedeutenden
Werk ,,íslendingar“ (Reykjavík 1933) etwa folgendes entgegengehalten: Zur
Zeit der Besiedlung Islands stand die Dichtkunst in Norwegen in groBer Blúte,
insbesondere am königlichen Hofe. Aber nach der Besiedlung Islands tritt das
dichterische Schaffen der Norweger völlig in den Hintergrund. Es gibt, auBer-
halb des Königsgeschlechts, keinen namhaften norwegischen Dichter nach der
Besiedlung Islands. Zu derselben Zeit, in der Norwegen an Dichtern so völlig
verarmt ist, steht die Dichtkunst auf Island in beispielloser Blúte. Wo liegt nun
der Grund dafiir, daB die dichterische Begabung des norwegischen Volkes im
9. Jahrhundert mit grofier Kraft aufflammt, daB sie aber etwa 100 Jahre spáter,
oder gleich nach der Besiedlung Islands, völlig erlischt, und daB sie dann auf Is-
land mit neuer Kraft aufblúht ? Finnbogason weist nach, daB die dichterische
Begabung der Norweger an gewisse, nach Island auswandernde Geschlechter ge-
knúpft war, und sich innerhalb dieser von Mann zu Mann weiter vererbte. So
kennen wir z. B. etwa 20 Dichter aus dem Geschlecht des gröfiten islandischen
Skalden, Egill Skallagrímsson, das aus Norwegen stammte und das allerdings in
der einen der deutlich nebeneinander herlaufenden beiden Erblinien die Merk-
male einer dunklen Rasse an sich trágt. Somit kann man wohl behaupten, daB
die dichterische Begabung der Islánder in erster Linie auf eine Verpflanzung nor-
wegischer Dichterfamilien nach Island, die allerdings, wie auch schon weiter
oben bemerkt, von dunklem Rassentypus gewesen zu sein scheinen, zurtickzu-
fúhren ist.
Die Untersuchungen Hannessons haben ferner unsere auf Grund der Per-
sonenbeschreibungen gemachte Annahme eines westischen Einschlags in der
ersten islándischen Bevölkerung bestátigt. So weisen die Islánder betráchtlich
gröBere Schádellánge (19,73) auf als die Norweger. Die Schádellánge der Islán-
der náhert sich am meisten der Schádellánge der westischen Rasse. Eine bedeu-
tende Úbereinstimmung besteht z. B. zwischen der Kopfform der Islánder und
der Bevölkerung Nord-Schottlands. Dieser westische Einschlag kam wohl in er-
ster Linie aus denselben Gegenden, wie der dinarische Einschlag. Doch muB er-
wáhnt werden, daB einige der westisch aussehenden Menschen auch aus Nor-
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