Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1935, Síða 53
Male seit seiner Grundung den islándischen
Nationalfeiertag mit einer Selbstándigkeits-
feier im Curio-Haus in Hamburg. Eine groBe
Zahl Islánder vereinte sich mit einer Reihe
deutscher und skandinavischer Gaste zu
einem Festakt mit anschlieOender Gesellig-
keit. Die ausgezeichnet verlaufene Festlich-
keit brachte die historische Bedeutung des
Tages ebenso zur Geltung wie sie alle Teil-
nehmer einander náher brachte und so auch
neue Bande zwischen den befreundeten Völ-
kern knupfte. Wáhrend des Festaktes wurden
der bekannte islándische Sehriftsteller Gun-
nar Gunnarsson undDr.Reinhard Prinz,
der Leiter der Vereinigung der Islandfreunde,
zu Ehrenmitgliedem des Vereins der Islánder
in Deutschland ernannt. Eine schöne und
sinnreiche Ehrung bereiteten die Islánder
ihrem groBen Dichter Matthias Jochumsson,
dessen hundertster Geburtstag in der islán-
dischen Heimat wie ein nationales Ereignis
gefeiert wurde.
Auszeichnung. Dr. Reinhard Prinz
wurde am 1. Dezember vom König von Is-
land das Ritterkreuz des Islándischen Falken
verliehen.
Dr. Prinz hat von 1923—1926 als Student
und Deutschlehrer auf Island gelebt und sich
wahrend dieser Zeit durch seine Lehrtátigkeit,
seine Bereisung des ganzen Landes und seine
Arbeit fur die Pflege der deutsch-islándischen
Beziehungen in allen Kreisen des islándischen
Volkes sehr viele Freunde und auf Island eine
Art Heimatrecht erworben. Nach seiner Riick-
kehr nach Deutschland hat Dr. Prinz in vie-
len Vortrágen, Zeitungs- und Zeitschriften-
aufsátzen, im Akademikeraustausch und in
jeder Art von praktischer Betreuung und Ver-
mittlung zwischen Island und Deutschland
unaufhörlich fur die Vertiefung der Island-
kenntnis und den deutsch-islándischen Kul-
turaustausch gewirkt. Im Jahre 1929 organi-
sierte Dr. Prinz eine sechswöchige Reise einer
zwanzig Mann starken islándischen Glíma-
Gruppe durch Deutschland, deren erfolg-
reiche Auffúhrungen in 23 deutschen Stádten
zum erstenmal breiten deutsohen Kreisen
Kenntnis gab von diesem einzigartigen alt-
germanischen Kampfsport, der der National-
sport der Islándcr ist. Im Jahre 1931 úber-
nahm Dr. Prinz die Schriftleitung der Mit-
teilungen der Islandfreunde, die er dann,
nachdem ihm im Jahre 1933 die Leitung der
Vereinigung der Islandfreunde úbertragen
worden war, zu unserer jetzigen Zeitschrift
„Island“ ausgestaltete. GröBere Veröffent-
lichungen auf dem Gebiete der Islandkunde
aus der Feder von Dr. Prinz sind: Die Schöp-
fungder Gísla Saga Súrssonar (Breslau 1935);
Geist und Geschichte des islándischen Volkes,
in dem von W. Heering herausgegebenen
Werk: Das unbekannte Island (Harzburg
1935); Das frúlie Island, in einem demnáchst
im Propyláen-Verlag erscheinenden Sammel-
werk Deutschland und die nordischen Lán-
der. — Im Jahre 1930 nahm Dr. Prinz als
Gastdes GlímufjelagÁrmann anderTausend-
jahrfeier des islándischen Staates teil, zu ei-
nem dritten lángeren Aufenthalt weilte er
im Sommer 1935 auf Island. Dr. Prinz ist
als Studienrattátig anderNationalpolitischen
Erziehungsanstalt Plön.
Gunnar Gunnarsson tiber den nordi-
schen Schicksalsgedanken. In Anwesen-
heit zahlreicher Vertreter der Staatsbehörden
und der Bewegung hielt am 15. Novemberder
ÍBlándische Dichter Gunnar Gunnarsson in
Hamburg einen bedeutsamen Vortrag tiber
den nordischen Schicksalsgedanken.
Von den tiberaus zahlreichen Zuhörem mit
lebhaftem Beifall empfangen, begann Gun-
nar Gunnarsson seinen Vortrag mit einer Er-
örterung des heute úblichen Schicksalsbe-
griffes. In unseren Tagen stelle man sich un-
ter Schicksal vorher Bestimmtes und Unab-
ánderliches vor. Diese Vorstellung entspráche
aber mehr dem lateinischen Begriff Fatum
als dem nordischen Schicksalsgedanken. Das
Wort Schicksal sei eines der gehaltvollsten
und inhaltreiclisten der nordischen Sprachen,
wenn es auch im Laufe der Jahrhunderte ge-
ándert sei und damit seine scharfe Prágung
und die Weite seiner Bedeutung verloren
habe. Der römische Begriff Fatum sei etwas
von auBen Einwirkendes, Unfruchtbares, em
starres Gesetz, das Ende und Tod bedeute.
Der nordisch-germanische Schicksalsbegriff
sei aber zugleich ÁuBeres und Inneres, etwas
Fruchtbares, Unendliches, ein flieBendes Ge-
setz. Verwandter als der römische Begriff sei
89