Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1935, Side 47
dringender gewordenen Bedíirfnis abgeholfen;
zahlreiche deutsche Anfragen nach dem schon
seit Jahren angekiindigten Buch zeigten, daB
dieses Bediirfnis auch auf deutscher Seite von
Jahr zu Jahr zunahm. Der islandische Gym-
nasiallehrer Jón Ófeigssonund seineMitarbei-
ter haben sich mit der Schaffung dieses Wör-
terbuches ein groBes, dauerndes Verdienst er-
worben. Die Islander haben hiermit fiir die
Erlemung des Deutschen endlich das entsohei-
dende Hilfsmittel bekommen und auch fiir
alle Deutschen, die sich um das Islándische
bemiihen, ist das Wörterbuch in Zukunft ein
unentbehrhcher Helfer.
Es hegt im Wesen des Wörterbuches, daB
es niemals vollkommen ist. Zumal ein Hand-
wörterbuch mit seiner beschránkten Zielset-
zung wird immer fiir den einen oder anderen
mehr oder weniger empfindhche Schwachen
haben. Ein Mangel des Gesamteindruckes bei
diesem Wörterbuch hegt darin, daB es fiir sei-
nen praktischen Zweck zu sehr am griinen
Tisch gearbeitet scheint, und zu wenig aus der
unmittelbaren Beriihrung mit dem Strom des
Spraehlebens, dor die Erstarrungen, Yerwe-
sungen und die Fremdkörper nach unten weg-
sinken láBt oder an den Ufern absetzt. Das
Buch enthált eine groBe Anzahl ganz unge-
bráuchiicher Wörter und gezwungener Wort-
bildungen, wáhrend auf der anderen Seite ein
Teil der fiir die heutige Beherrschung des
Deutschen notwendigen Sprachschatzes fehlt.
Das ist eine Gefahr gerade fiir den praktischen
Gebrauch des Wörterbuches. Die vielen Dia-
lektausdriicke, die den Reichtum der Sprache
zeigen, oft aber nur einen sehr beschránkten
Eebenskreis haben, wáren besser deutlicher
und durchgángiger als solche bezeichnet wor-
den. Zu begriiBen istdas Bestreben, möglichst
viele Redewendungen aufzunehmen und auf
diese Weise an die lebendige Sprache heran-
zufiihren. — Es wiirde nicht schwer fallen, bei
emer zweiten Auflage des Wörterbuches die
Mángel zu beseitigen. Als Ganzes istdas Wör-
terbuch eine so groBe Leistung, daB es seine
wichtige Aufgabe, Mittler zu sein zwischen
deutschem und islándischem Geistesleben,
mit Erfolg erfullen wird. R. P.
Ein Lehrbuch des Islándischen er-
scheint Anfang Februar im Universitáts-Ver-
lag Bamberg, Greifswald. Es wird herausge-
geben von dem islándischen Lektor an der
Universitát Greifswald, Eidur S. Kvaran, und
dem Assistenten der Nordischen Auslandsin-
stitute in Greifswald, Dr. Fingerhut. DasBuch
enthálteine besonders ausfiihrliche Lautlehre,
die iibrige Grammatik, Ubungs- und Lese-
stiicke und ein Wörterverzeichnis. Da die
Nachfrage nach einem gediegenen und prak-
tischen Lehrbuch des Islándischen in den letz-
ten Jahren auBerordentlich stark geworden
ist, wird die endliche Ausfiillung dieser Liioke
allgemein begriifit werden.
Halldór Hermannsson: The Sagas of Ice-
landers (Islendinga Sögur). A Supple-
ment to Bibliography of the Icelandic
Sagas and Minor Tales. Ithaca, N. Y.,
London, Copenhagen, Reykjavík 1935. 8°.
pp. 113. Islandica, Vol. XXIV.
Diese Bibhographie ist die Fortsetzung der
im Jahre 1908 von Halldór Hermannsson
herausgegebenen Bibhography of the Ice-
landic Sagas and Minor Tales (Ithaca, N. Y.,
Islandica I.). Die Ergánzung umfaBt also den
Zeitraum der letzton 26 Jahre. Ihro Reich-
haltigkeit beweist, daB auf dem Gebiet der
Sagaforschung und der Verbreitung der Sa-
gakenntnis tiichtig weitergearbeitet worden
ist. Die der Saga gebiihrende Tiefen- und
Breitenwirkung in der Forsehung und im
Bildungsleben aller germanischen Völker
scheint allerdings erst in den letzten Jahren
eingesetzt zu haben. — Die neue Saga-Bi-
bliographie zeichnet sich aus durch die ge-
wohnte Sachkundigkeit des Verfassers und
durch weitestgehende Erfassung der gesam-
ten Sagaliteratur. Ihre Anlage entspricht
dem ersten Teil von 1908: Texte; tíberset-
zungen, nach Landern geordnet; die einzel-
nen Sagas: ihre Ausgaben und die Arbeiten
iiber sie unter Einbeziehung der Zeitschrif ten-
aufsatze und Besprechungen; Arbeiten zur
Literatur, Geschichte und Kulturgeschichte
der Sagazeit; und als Anhang ein höchst auf-
schluBreiches Verzeichnis von Novellen, Dra-
men und Gedichten, die Sagastoffe verwer-
ten. Ein sehr gutes Namensverzeichnis am
SchluB erleichtert den Gebrauch dieses Hilfs-
mittels, fiir das jeder, der mit der Saga zu tun
hat, sehr dankbar sein wird. R. P.
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