Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1943, Blaðsíða 44
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geníigend Zeit widmen konnte, da man alle Krafte im politischen
Kampf verbrauchte. Ein schweres Hindernis fiir die soziale Ent-
wicklung war auch der ’W'iderstand der russischen Behörden, die
keine sozialen Reformen zulassen wollten, da dadurch der Unter-
schied zwischen Finnland und Russland noch stárker zugunsten
Finnlands in die Erscheinung treten wíirde.
Die sozialen Gegensátze wurden vor der Selbstándigkeit Finn-
lands auch dadurch verschárft, dass man in Finnland, besonders
unter den Arbeitern, von den Reformen anderer Lánder erfuhr.
Die soziale Erweckung des 20. Jahrhunderts, die auch heute noch
andauert, begann schon damals ihren Einfluss auf Finnland aus-
zudehnen. Andererseits hielten die iibrigen Schichten der Bevölke-
rung an ihren herkömmlichen Anschauungen nach wie vor fest.
Aus diesen Griinden entstand eine Anháufung sozialer Probleme,
die dann wáhrend der russischen Revolution in Fluss kamen und
zu Beginn der Selbstándigkeitszeit Finnlands zu einem gewalt-
samen Konflikt fiihrten.
Als Finnland endlich seinen ersten tragischen Freiheitskrieg
beendet hatte, ging der Staat an eine nach damaligen Begriffen
recht effektive Reform, was in den aufgeklárten Yolkskreisen
Genugtuung erweckte.
Die tiefe Spaltung des finnischen Volkes zur Zeit des ersten
Freiheitskrieges hatte zur Folge, dass die einzelnen Klassen sich
in ihren sozialen Bestrebungen von verschiedenen Vorurteilen
leiten liessen. Die Arbeiterklasse hielt sich fiir den einzigen wirk-
lichen Vorkámpfer sozialer Reformen. Die iibrige Bevölkerung
nahm diesen Reformen gegeniiber eine kiihle oder argwöhnische
Haltung ein, da sie der Arbeiterklasse nicht vertraute, die im
entscheidenden Augenblick jenseits der Barrikade gestanden war.
So entstand im politischen Leben ein störender Dualismus, der
erst im Fegefeuer des Winterkrieges verbrannte. Indes erhielt der
zielbewusste Kampf der finnischen Arbeiterschaft das Interesse
sámtlicher gesellschaftlichen Kreise fiir die sozialen Fragen leben-
dig. In gleicher Richtung wirkte die von der Arbeiterschaft be-
triebene Aufklárungsarbeit in der Presse und in den freien Volks-
bildungsanstalten. Auf diese Weise wurde die Grundlage fiir die
soziale Tátigkeit der Kriegszeit geschaffen. Das soziale Interesse
der jungen akademischen Generation wurde vor dem Winter-
kriege zu einem miihsamen und ehrlichen Suchen nach dem rich-
tigen Weg. Sie suchte vor allem die Antwort auf zwei Fragen.
Wie wiirde man am sichersten den zwischen der Arbeiterschaft