Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1943, Blaðsíða 47
DAS SOZIALE ERWACHEN IN FINNLAND 41
Grundlage der bestehenden Gegensátze bildeten. In den Unter-
stánden und Zelten entstand also ein starkes soziales Verant-
wortungsgefiihl. Von dort aus verbreitete sich in die Heimat der
Gedanke, dass, wenn einmal die sozial schlechter gestellten finni-
schen Mánner und Frauen bereit waren, sich fiir das Vaterland
zu opfern, die sozial besser gestellten so schnell wie möglich fiir
die Beseitigung der sozialen Misstánde und Ungerechtigkeiten
sorgen miissten.
Das soziale Verantwortungsgefiihl wurzelt in erster Linie in
den miindlichen Versprechungen, dem stillschweigenden Ent-
schluss der Waffenbriider, fiir die Angehörigen eines jeden zu
sorgen, wenn dieser vom Schlachtfeld nicht heimkehren sollte.
Das Gefiihl der Schicksalsgemeinschaft hat bei den 'NVaffenbrii-
dern den festen 'Willen hervorgerufen, die invaliden 'W'affen-
briider zu unterstiitzen. Dieser 'Waffenbriidergeist wird dafiir
biirgen, dass der finnische Staat die durch den Krieg in Not Ge-
ratenen nicht vergessen wird.
Diese tiefgreifende soziale Umstellung wurde ferner auch da-
durch gefördert, dass die Bevölkerung der durch den Moskauer
Diktatfrieden abgetretenen Gebiete sich huntertprozentig auf die
westliche Seite der Grenze hiniiberrettete. Die in der Geschichte
einzig dastehende Auswanderung einer Bevölkerung von einer
halben Million aus dem in den Besitz des Eroberers iibergehenden
Gebiet ist ein deutlicher Beweis nationaler Gesinnung. Dieses Bei-
spiel verfehlte seine Wirkung nicht. Ausserdem legte die Unter-
bringung der Auswanderer fast jedem Finnen persönliche soziale
Verpflichtungen auf. Ein so grosses Ungliick hatte aber auch
positive Folgen, worauf wir spáter náher eingehen werden.
Das durch den 'W’interkrieg und den gegenwártigen Krieg
hervorgerufene soziale Erwachen hat ausser den Gefiihlsmomen-
ten auch verschiedene ideelle ’Werte ausgelöst, die die Fortdauer
der sozialen Erneuerung gewáhrleisten. So muss z. B. bemerkt
werden, dass sich die finnische ’Waffenbriiderbewegung von der
gewöhnlichen Organisation der Frontsoldaten darin unterschei-
det, dass sie ihrem Geist nach nicht korporativ ist, sondern ihre
soziale 'Wirksamkeit bereits iiber den Kreis ihrer Mitglieder hin-
aus auf die iiberhaupt durch den Krieg in Not Geratenen, ja
sogar in Form von Nachbarhilfe auch auf andere unbemittelte
Teile der Bevölkerung erstreckt hat und auch in Zukunft er-
strecken wird.
Ferner sind die ’Waffenbriider sowie andere, die soziale Ar-