Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1943, Blaðsíða 57
LINNÉS LAPPLANDISCHE REISE
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Verachtung zurxick und sprechen ihre Verwunderung dariiber aus,
dass die Akademie einen unerfahrenen Studenten zur Unter-
suchung des Landes geschickt und sich nicht lieber an erfahrene
Leute an Ort und Stelle gewendet habe.
Bald kommt Linné in den See Purkijaur hinaus, und von hier
erblickt er »nichts anderes als lángliche, abgestumpfte, hohe Berge,
die iibereinander hervorguckten — auf den hintersten lag der
Schnee so wie im Friihling, wenn er halb verschwunden ist«. End-
lich auf dem grossen Skalkasee wird er die wirklich hohen Berge
gewahr. Man fiihlt aus seinen Worten deutlich den tiefen Ein-
druck, den dieser Anblick bei ihm hervorruft: »Als wir auf Skalk
waren, zeigte sich im Nordwesten zwischen den Bergen eine
Kluft, durch welche Berge 10 bis 20 Meilen entfernt hervor-
schimmerten, ganz weiss von Wolken und als wáren sie nicht
mehr als eine Meile entfernt, mit ihren Gipfeln in die Luft stei-
gend . . . ja nichts anderes als Berg auf Berg — mit einem "Wort:
ich sah die Fjdllen«. Es muss bemerkt werden, dass ‘fjáll’ im
Schwedischen einen kahlen Berg bezeichnet, der iiber die Wald-
grenze reicht. Lateinisch pflegt Linné das ’W'ort mit ‘alpes’ wieder-
zugeben. Man kann ziemlich exakt feststellen, wo Linné diesen
Anblick erlebte. Es handelt sich um das Sarekmassiv, dessen Gip-
fel eine Höhe von mehr als 2000 m erreichen. — Am selben
Abend hat er ein anderes, heiss ersehntes Erlebnis. Er besteigt
einen Berg und sieht von dort aus »solem inocciduum«, d. h. die
Mitternachtssonne. »Ich hielt dies nicht fiir das geringste Mirakel
der Natur«, sagt er, und fromm fiigt er eine Bibelstelle von der
unergriindlichen Weisheit des Schöpfers hinzu.
Am 5 Juli (16. n. St.) kommt er nach Kvickjock. Die Fahrt
von Luleá hatte elf Tage in Anspruch genommen. Heutzutage
macht man die Reise von Uppsala nach Kvickjock in 24 Stun-
den. —
Von Kvickjock aus beginnt nun Linné seine Wanderung in
das Hochgebirge. Der dortige Pfarrer hatte ihm einen Lappen,
der des Schwedischen máchtig war, mitgegeben. Ob dieser mit
der Gegend gut vertraut war, ist indessen nicht klar. Jedenfalls hat
er sich mehrmals verirrt. Man war also von dem Wohlwollen der
hier umherstreifenden Lappen, die man antreffen konnte, abhán-
gig. Linnés Fáhigkeit sich selbst zu orientieren war offenbar sehr
gering. Die einzige Karte, die er mitgebracht hatte, von einem
Landmesser im Jahre 1660 angefertigt, reichte nur bis zu einem
Berge nordwestlich von Kvickjock, der wegen des dort befind-