Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1943, Blaðsíða 59
LINNÉS LAPPLANDISCHE REISE
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dehnt. »Wir kamen auf den hohen Eisberg, der iiberall mit Schnee
bedeckt ist. Ich merkte, dass der Schnee ganz hart war, wie ge-
froren. Hier und da waren Ströme, die unter ihm durchflossen,
bisweilen war der Schnee vom Wasser durchbrochen, so dass man
Strata super Strata (Schicht auf Schicht) sehen konnte. Hier fingen
die Ströme an nach Westen zu fliessen, ein Zeichen dafiir, dass
wir in der norwegischen Lappmark waren ... Endlich sahen wir
zwischen den Felsen das westliche Meer. Wir kamen an den
Rand des Gebirges, sahen unter uns die höchsten Báume wie kleine
Pflanzen. Wir stiegen den Abhang hinunter — es kommt mir
vor, als steige ich immer noch, so lang war der Abstieg, sehr
steil. Welch ein Genuss fiir meinen miiden Körper, als wir
unten waren! Von einem kahlen und gefrorenen Berge kam ich
in ein warmes, siedendes Tal — ich setzte mich nieder, um Erd-
beeren zu essen. Anstatt des starken Windes ein herrlicher Geruch
von Klee. Ob, formosissima aestas! (oh, herrlicher Sommer)!«
Wer — wie der Verfasser dieser Darstellung — Linnés Spuren
hier gefolgt ist, wird ihm gern beistimmen. Der Weg bergab, von
iooo M. bis zum Meeresspiegel, ist ungewöhnlich anstrengend.
Linné war bis an den innersten Teil des Meerbusens Sörfold
gekommen. Alles war ihm hier unten neu: Ebbe und Flut, Tang,
Medusen, Meerfische. Er konnte »auf dem Meeresgrund botani-
sieren«. Er benutzte auch die Gelegenheit, mit dem Boot nach
der kleinen Kirche in Rörstad zu fahren, von wo er das offene
Meer erblicken durfte. —
Die Riickfahrt nach Kvickjock war ebenfalls anstrengend. In-
folge dichten Nebels, der ihm auf dem Gletscher begegnete,
drohte Gefahr, entweder an den Rand der Felsen zu kommen
und hinabzustiirzen oder in die Gletscherströme zu fallen. Er
fiihlte sich »wie ein Seemann auf offener See ohne Kompass«.
Gliicklich nach Kvickjock angelangt, fuhr er wieder stromabwárts
nach Lulea. Sein Reisetagebuch hatte er mit reichlichen Beobach-
tungen gefiillt, und sein Herbarium war um die zahlreichen Neu-
funde aus der alpinen Flora bereichert.
Seine Reise ging nun wieder nordwárts auf dem Kiistenwege,
bis er Torneá erreichte. Von hier machte er verschiedene Aus-
fliige, u. a. auf dem Torne-Elf stroman zu den Eisenhiitten, die
dort in Betrieb waren. Den Torne-See zu erreichen ward ihm
aber nicht vergönnt. Den Heimweg nahm er jenseits des Both-
nischen Meerbusens durch Finnland. Von Ábo segelte er an den
Áland-Inseln vorbei nach Schweden. Am io. Oktober konnte er