Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1943, Blaðsíða 61
LINNÉS LAPPLANDISCHE REISE
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Dass Linné ein Meister der beschreibenden und systematischen
Botanik war, ist allgemein anerkannt. Aber es scheint, dass er
mit diesem Werke sich auch als Begriinder der Pflanzengeogra-
phie des Hochgebirges erwiesen hat. Ein schwedischer Pflanzen-
geograph, Professor E. Du Rietz, hat neulich in einem Aufsatz in
dem Jahrbuch der Schwedischen Linnégesellschaft nachgewiesen,
dass Linné, wenn man seine Ausserungen richtig deutet, schon die
verschiedenen Vegetationszonen in den lapplándischen Gebirgen
klar charakterisiert hat, und dass er somit als ein Vorgánger
Alexander von Humboldts und Georg Wahlenbergs anzusehen ist.
Hierbei ist zu bedenken, dass er nur an einem Punkt das Hoch-
gebirge erreichte, námlich auf seiner oben geschilderten Wan-
derung.
Es ist erstaunlich, dass Linnés Reisetagebuch, Iter Lapponicum,
erst 1811 veröffentlicht wurde, obendrein in einer nicht ganz
gelungenen englischen Ubersetzung. Erst 1888 erschien es auf
Schwedisch nach dem in den Sammlungen der Linnean Society
of London aufbewahrten Original. Durch seine jugendliche Fri-
sche, seine Unmittelbarkeit, seine Poesie ist es ein ganz entziicken-
des Dokument, das fiir seinen Verfasser sehr charakteristisch ist.
Die schwedische Litteraturforschung, die in den spáteren Jahren
ihre Aufmerksamkeit vielfach Linné zugewandt hat, betrachtet
ihn nunmehr nicht nur als den grossen Naturforscher, sondern
auch als einen unserer grossen Schriftsteller. In einer Zeit, wo
die schwedische Prosa meistens schwerfállig, geziert und gekiinstelt
war, steht Linné mit seinem klaren, anschaulichen, im besten Sinne
naiven Stil ziemlich einzig da. Dies gilt nicht zum wenigsten von
seinem Lapplándischen Tagebuch. Es verdiente wohl, durch eine
moderne Ubersetzung allgemeiner bekannt zu werden.
Fiir die Kenntnis von Lappland — heutzutage durch seine
Reichtiimer an Erz und Wald von wesentlicher Bedeutung fiir
die schwedische Wirtschaft — wurde Linnés Lapplandsfahrt von
grosser Bedeutung. Mehrere seiner Schiiler wurden durch sein
Beispiel ermuntert, Forschungsreisen dorthin zu unternehmen, und
schliesslich wurde Anfang des 19. Jahrhunderts Wahlenberg der
grosse Erforscher von Lapplands Flora und Pflanzengeographie.
Das Interesse an der merkwiirdigen Bevölkerung dieser öden Ge-
genden, den Lappen, hat Linné máchtig gefördert. Fiir die »Kul-
tivierung Lapplands« erwiesen sich seine Vorschláge zwar mei-
stens als verfehlt — er war optimistisch genug zu glauben, in dem
Strandhafer (Elymus arenarius) ein Mittel dazu gefunden zu ha-