Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Page 7

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zu suclien, sondern darin, daB hier jetzt eine ílbersetzung vorliegt, die dem Origi- nal nahekommt, sowohl in bezug auf Herbheit der Sprache, der Rh)rthmik und des Klanges wie des Gehaltes. Manches, was hier iiber die Sagas gesagt wird, kann aber gewiB ebenso fur die Edda gelten. Was gehört nun zum kúnstlerischen Erleben der Sagas 1 Es handelt sich hier vor allem nicht um Papierdichtvmg. Dreihundert Jahre múndliche Uberliefe- rung! Dann erfolgte erst die Niederschrift. Es handelt sich hier also um eine ge- sprochene Dichtung. Wenn man es nicht wúBte, wúrde die klingende Sprache es verraten; wir sprechen hier nicht von den Ubersetzungen, sondern von den Ori- ginaldichtungen, die auch der einfache Bauer Islands dank Erhaltung der alten Sprache heute noch zu erleben vermag. Die gemeiBelten Satze klingen wie Musik! — eine Prosa, die doch keine Prosa im úblichen Sinne ist. Vor allem ist jede ge- schwollene Theatralik im súdlichen oder romantischen Sinne dieser gesprochenen Dichtung fremd. Man muB lange bei jedem Satz verweilen, um seine Kraft aus- zukosten. Vielleickt nur Nietzsche hat in seinem Zarathustra etwas Áhnliches an Sprachkunst gezeigt. Tatsachlich hat man beim Saga-Stil manchmal den Ein- druck einer gebundenen Sprache und man kann manchmal die einfachen stab- reimenden Prosasátze unverándert als gebundene Verslinien aufschreiben. Da- bei ist alles nur so schlicht hingesagt, ohne jede Kúnstlichkeit einer sonst gebun- denen Sprache. Rhythmus, Klang und Inhalt sind in jedem Satz bei aller Ein- fachheit zu einer Monumentalitát kúnstlerischer Vollendung geschlossen; kein Wort ist úberfltissig. Selbst die langen Namenreihen der Stammbáume scheinen abzurollen wie das musikalische Themenmaterial eines Fugato. Unwillkúrlich fin- det man es fast barbarisch, daB nicht jeder Satz mit einer neuen Zeile anhebt. Bei den Handschriften muBte wohl Platz gespart werden und deshalb bildete man nicht Absátze. Zwischen den Zeilen ist oft das Tiefste und Erhabenste zu lesen, —- zuweilen eine UnermeBlichkeit, die niemals durch Worte geschildert werden kann. Auch die höchste Leidenschaft wird ausgedrúckt durch — Schweigen. Áhnliches findet man vielleicht heute in den Dichtungen Hamsuns, die aber im Vergleich zu den Sagas blaB und anmutig erscheinen. — Selbst die besten bisherigen Uber- setzungen (z. B. Heuslers „Njals Saga“) vermitteln uns aber noch nicht die Sprachgewalt des Saga-Originals; handelt es sich doch auch dabei zunáchst mehr um wissenschaftliche Ubersetzungsarbeiten. Eine geniale Dichterpersönlichkeit wird vielleicht einmal diese Welt fúr Deutschland, fiir die gesamte germanische Welt und fúr die unverkennbar verwandte Geistesrichtung des 20. Jahrhunderts zu stárkerem Leben erwecken. Hier handelt es sich vielleicht um die vollendetste Prosakunst, die der Norden je hervorgebracht hat. Alles Spátere scheint mehr Entlehnung oder Nachahmung als Fortsetzung. Wenn zum kúnstlerischen Erleben der Saga die klingende gesprochene Rede 7

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