Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Side 31
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nacli Arni Magnnsson ganz Ingólfshöfdi bis auf dieNordspitze bedeckte, erst seit
jener Zeit mehr und mehr durch den Wind zerstört wurde. Hieraus ergibt sich,
daB nördhche Winde einen Teil des Sandes bis an den FuB von Ingólfshöfdi trans-
portiert haben, bzw. herantransportieren, von wo ihn dann die östlichen Winde
weiterverfrachteten und zur Diine aufgehauft haben, bzw. weiter aufhaufen.
Nachdem wir einen kurzen Blick in den Werdegang von Ingólfshöfdi getan
haben, gehen wir weiter bis zur Nordost-Spitze, die 76 m steil uber dem Meere
liegt. Dicht am Fufi des Felsens strömt Gletscherwasser durch ein sogenanntes
„Ós“, eine Öffnung im Strandwall, ins Meer. Die gerade Linie des Strandwalls,
auch hier ein Werk der Kústenversetzung der von Nordost nach Súdwest ziehen-
den Meeresströmung, können wir bis zum Kvíárgletscher hin verfolgen. Weiter
hinaus sind die Berge östlich vom Breidamerkurgletscher noch eben zu erkennen.
Weit grofiartiger aber ist das Schauspiel der Brandung zu imseren FúBen.
Scharf zeichnen sich die Bogen der weiBen Brandungswellen auf dem schwarzen
Strande ab. Stundenlang könnte man zusehen, wie die unermúdlichen Wellen
heranrollen, sich úberkippen, brechen und schaumend weiB auf dem schwarzen
leblosen Sand verlaufen.
Aber wir mússen weiter, da ich nur wenig Zeit habe. Wir wenden uns daher
zur Súdspitze, auf der der Leuchtturm steht. Wieder breitet sich vor uns ein
neues Bild aus. Weit, weit dehnt sich vor unsern Augen das grúnlich schim-
mernde Meer. Aus 60 m Tiefe tönt das Klatschen der Brandung gegen den Felsen
herauf. — Kein Fahrzeug ist heute ringsum zu erblicken. Noch vor wenigen
Tagen schauten wir mittags vom Kvíárgletscher herúber und zahlten etwa 20
Fischdampfer. So selten Ingólfshöfdi vom Lande her besucht wird, um so be-
kannter ist es von See her den Besatzungen der Fischdampfer, die hier um In-
gólfshöfdi ebenso wie an der ganzen Súdkúste reichen Fang an Kabeljau machen.
Denn hier kann in dem seichten Meer mit dem Grundschleppnetz gefischt werden,
da der Meeresboden von dem Schutt der Gletscherflússe weitgehend eingeebnet
ist. GroBe Gefahr bringt den Fischdampfern aber der sehr flach zum Strand an-
steigende Meeresboden. Bei undurchsichtigem Wetter wird die Brandung oft erst
bemerkt, wenn es schon zu spát ist. Ebenso wird auflandiger Sturm den Fischern
gefáhrlich. Davon zeugen die vielen Wracks an der Súd- und Súdostkúste. Durch
die Leuchtfeuer wird zwar wesentlich Abhilfe geschaffen, aber dafiir nimmt die-
ses wertvolle Strandgut immer mehr ab. Leider werden auch immer weniger
Baumstámme durch die Meeresströmung herangetrieben, da im Ursprungsland,
in Sibirien oder an der Golfkúste, die Wálder mehr und mehr abgeholzt werden.
Beides ist ein Verlust ftir die Bewohner der Súdkúste, die ihren Holzbedarf aus
solchem Strandgut von jeher deckten und es auch heute z. T. noch tun. Fast an
jedem Haus, das ich in Öraefi kennenlernte, war von gestrandeten Schiffen Holz
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