Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Blaðsíða 37
nun folgenden Talwand áuBerst scliwierig und nicht ungefáhrlich. Mit den schwe-
ren Traglasten muBten die nackten Wánde, unter uns die wildscháumenden Glet-
scherwasser, erklommen werden. Unter gegenseitiger Hilfe gelang es jedoch, ohne
Unfall gliicklich den Absatz am Rande der Gletscherzunge zu erreichen. Damit
war die gefahrvollste Arheit geschafft; denn nun folgte, ohwohl es weiter steil auf-
wárts ging, wieder Locker- und Schuttboden, der den FiiBen festen Halt bot.
Nach Erreichung der Stufenmiindung des Eossdals wurde auf einer frischergriin-
ten Matte oberhalb des tieffallenden Wasserfalles die wohlverdiente Rast gehal-
ten. Zum erstenmal trat unser Primuskocher in Tátigkeit. Frisch gestárkt durch
Kaffee und Kuchen, den die Islánder mitgebracht hatten, ging os dann das quer-
stufenreiche Tal weiter aufwárts. Auf der zweiten groBen Stufe dort, wo der obere
Fossdalur mit dem Lambatungujökull und der talgletscherlose Yesturdalur sich
gabeln, wurde die erste Steinwarte in 500 m Höhe errichtet. Nach einer groBen
Beratung iiber den weiter einzuschlagenden giinstigsten Weg wáhlten wir den
Vesturdalur. Es folgte nun Stufe auf Stufe, die auf steilen groben Blockschuttbö-
schungen unter groBen Miihen erobert wurden. Es war eine böse Schinderei, das
Gepáck hinaufzuschleppen. Da es gleichzeitig meine Aufgabe war, mir den Weg
genau einzuprágen, Peilungen und Aufnahmen zu machen, war ich bald der
Letzte. Mit Bewunderung verfolgte ich die Ausdauer und Gewandtheit unserer
islándischen Begleiter, diejenigen mit den gröBten Lasten waren stets voran. Der
Graswuchs hatte lángst aufgehört. Hier und da Moospolster, einige kleine Stein-
brecharten, und rötlich leuchtende Fleckchen des bliihenden Lambagrases (Silene
acaulis). Sonst nichts als Steine: Basaltblöcke und Moránenschutt. In einzelnen
Vertiefungen zeigten sich die ersten Schneereste. Auf der funften Stufe in unge-
fáhr 750 m wurde Warte II errichtet. Von hier bietet sich ein Ausblick nach We-
sten auf den tief unten liegenden Talgletscher Svínafellsjökull. Kurze Zeit darauf
wurde der erste gröBere und steile Schneefleck erreicht. In ihrer ubergroBen, fast
kindlichen Freude versuchten die Islánder sogleich den Schlitten. Aber diese
Freude wáhrte nicht lange. Bald muBte weiter tiber Gesteinsschutt und Blöcke
ohne Lockerboden dazwischen getragen werden. Nach der sechsten Stufefolgte
ein neuer Kessel. Wird es der letzte vor der Höhe sein ? Die Schneeflecken mehr-
ten sich, aber noch lohnte es sich nicht, den Schlitten zu benutzen. In 850 m war
es -f 5,0 Grad. Die Islánder hatten hier ein geschlossenes Firnfeld erwartet. End-
lich konnte der Schlitten aufgesetzt und beladen werden. Noch war es aber so
steil, daB sechs Mann aus Leibeskráften ziehen muBten, um vorwártszukommen.
Dann folgte ein Steinfeld von ungefáhr 100 m Breite. Ein Teil des Gepácks muBte
wieder abgeladen werden, dann schleppten vier Mann den Schlitten hinúber. So
ging es weiter. Immer noch kamen Steinfelder. In 950 m erreichten wir die schein-
bare Firngrenze. DerKilometerzáhler wurde eingesetzt und arbeitete. Der 18. Juni
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