Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Síða 44

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Síða 44
Aucli die Windhoffnung hatte uns betrogen. Der Firn war noch sehr weich, nahe- zu breiig. Die Temperatur war auf +1 Grad gesunken. Aber kalter wurde es nicht. Schon kam wieder Nebel. Yerdrossen stapften wir weiter, uns mit Kraft in die Zugriemen legend. Der Schlitten war so schwer, daB uns gar nicht der Gedanke kam, die Ski zu benutzen. Bei jedem kleinsten Stillstand saB er wie angewachsen fest. Auch durch starkstes Ziehen kriegten wir ihn nicht los. Dann muBte ich ihn anzuheben versuchen, wahrend Keil als der Starkere in gleichem Augenblick an- zog. Dabei riB dann sein dickes roBhaargeflochtenes Ziehseil entzwei, mit dem er von nun an die ganze Reise seine Last hatte. Noch oftmals saB der Schlitten, bis ich wieder vorne war, von neuem fest. Nach l^/gStiindigem Marsch, bei dem wir nur 1,3 km vorangekommen waren, muBten wir es wieder aufgeben. Ziemlich nie- dergeschlagen bauten wir unser Lager, das wir diesmal „Lager Matsch" tauften, auf. In 2 Marschtagen hatten wir ganze 4,9 km zuriicklegen können. Mit einem solchen Schneckentempo hatten wir nicht gerechnet. Unter diesen Umstanden war es unmöglich, den Schwedenkrater vom Ostrande des Eises aus zu erreichen. Wir beschlossen daher, geradewegs auf die Kverkfjöll zuzuhalten. Nach einem 4stiindigen Schlaf standen wir um 4 Uhr am Morgen des 21. Juni auf. Die Sonne schien. Im Siiden ragten vom Svínafellsjökull groBe Cumulus- wolken herauf. Der Schnee war hart. Das Schleuderthermometer zeigte aber be- reits +1,5 Grad. Um 4% Uhr waren wir von Siiden her eingenebelt. Um 5 Uhr 10 wurde es wieder frei. Zwei Minuten spater brachen wir in der N45W-Kverkfjöll- richtung auf. Das Aufbrechen ging mit der zunehmenden Úbung immer besser und schneller. Etwas Warmes wurde vorher meistens nicht gekocht. Es gab Hart- brot mit Butter und Kase und Hangikjöt. Unsere Tagesration an Schokolade, 11 Pflaumen und 10 Stiick Zucker wurde in die Tasche gesteckt. Wenn es in den Tag hineinging, fuhren wir gewöhnlich „Wasser“, d. h. der groBe Topf wurdemit Eirn gefiillt zum Schmelzen oben auf den Schlitten gebunden. Zuerst ging es ganz leidlich voran, da das Eis gut war. Das Gelande stieg ganz sachte an. Ohne alle Augenblicke auf den KompaB sehen zu miissen, konnten wir uns nach Wolken- bildungen und der zuriickbleibenden Schlittenspur richten. Hinter uns brach die Sonne durch. Vor uns auf einer neuen Nebelwand entstand ein groBer fahlgelber Nebelbogen. Zum Greifen nah und doch weit weg. Eine phantastische und fiir uns ganz neue Erscheinung. Wir hielten nun immer auf seinen nördlichen End- punkt zu. Der Firn wurde zusehends feuchter. Die alte Plackerei ging wieder los und war bald schlimmer als zuvor. Der Schlitten fror an, muBte losgemacht wer- den. Immer wieder riB das Zugseil meines Begleiters an der geflickten Stelle. Der Kilometerzahler zeigte 13 km an. Aber bis Kilometer 15 wollten wir kommen. Wir zahlten jetzt die Schritte, die wir jeden einzeln erkampften. Alle 200 Schritt muB- ten wir eine 5-Minuten-Ruhepause einlegen. Dann alle 100 Schritte. Der Zahler 42

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