Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Síða 51
Bewegung auf Island, die nationalistische (þjódernishxeyfingin), bei der zur Zeit
noch nicht zu iibersehen ist, wie weit sie sich von ihrer Mutterpartei entfernt. Die
Portschrittspartei (Framsóknarflokkurinn) hat sicli gespalten in einen rechten
und einen linken Flúgel, der rechte Flugel hat eine neue Bezeichnung: Bauern-
partei (Bændaflokkur) angenommen.
Die sozialdemokratische Partei (Jafnadarmannaflokkurinn) ist schon vor Jah-
ren dadurch geteilt worden, daB die radikalen Elemente eine kommunistische
Partei begrúndeten.
Was wollen diese Parteien ?
Die Selbstandigkeitspartei ist eine Yerschmelzung der alten konservativen imd
liberalen Partei (Ihaldsflokkur und Frjálslyndi Flokkur) und hat in ihrem Pro-
gramm und in ihxer ganzen Einstellung diese beiden ursprúnglich entgegengesetz-
ten Richtungen zu vereinigen versucht. Die Partei, die ihre Hauptstútze im Han-
delsstand und in den Fischereigesellschaften hat, erhebt Anspruch darauf, die
Interessen aller Yolksschichten zu vertreten. Auf einer Landesversammlung der
Partei, die vor kurzem stattfand, wurden einige Programmpunkte besonders
stark herausgestrichen. Die Partei tritt ein fúr möglichst freie Entfaltung der
Privatinitiative und will die Staatsgewalt nur so weit in das tagliche Wirtschafts-
leben eingreifen lassen, als dies unbedingt notwendig erscheint, so z. B. dem Aus-
lande gegenúber. AuBenpolitisch vertritt sie die Auflösung des islandisch-dáni-
schen Vertrages von 1918, der Island seine pohtische Selbstándigkeit wiedergab,
die Bindungen Dánemark jedoch in Form einer Personalunion bestehen lieB,
aber im Jahre 1940 gekúndigt werden kann. — In diesem Punkt sind sich úbri-
gens alle Parteien einig, soweit sie dazu bisher úberhaupt öffentlich Stellung ge-
nommen haben. — GemáB ihrer liberalen Einstellung setzt die Partei sich ein fúr
eine liberale Handelspolitik und bekámpft daher die im Jahre 1931 festgelegten
Handelsbeschrankungen.
Die zweitgröBte Partei ist die Fortschrittspartei. Ihre Einstellung ist in man-
chen Dingen z. Z. nicht ganz klar, weil die personale Zusammensetzung ihrer
Fúhrung sich kiirzlich stark verándert hat. Seit den Wahlen im vorigen Herbst
sind 4 Mitglieder der Reichstagsfraktion aus der Partei zum Teil ausgetreten,
zum Teil ausgeschlossen worden, weil die Partei angeblich eine Koalition mit den
Sozialdemokraten eingehen und diesen allzu groBe Zugestándnisse machen wollte.
Die vier, die aus der Partei ausgetreten sind, haben dann eine neue Partei ge-
grúndet, eben die ,,Bauernpartei“. Die alte Fortschrittspartei vertritt im ganzen
hauptsáchlich die Interessen der Landwirtschaft. Diese Partei hat sich die Ge-
nossenschaftsbewegung zu eigen gemacht und hat ihre Hauptstútze in den lánd-
lichen Genossenschaftsvereinen, die sich zu einer besonderen Vereinigung (Sam-
band íslenskra samvinnufjelaga) zusammengeschlossen haben. Die Partei, die
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