Mitteilungen der Islandfreunde - 01.04.1934, Page 60
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Helmut Verleger, Das Borgarijordgebiet in Is-
land. Das Problem der landschaftskundli-
chen Beschreibung eines subpolaren Wie-
senlandes, dargestellt an der Landschaft
des Borgarfjordgebiets im Westen Islands.
Hamburg 1931. VI und 78 S. 20 Abb.,
20 Textfig.
Die als Dissertation der Universitat Ham-
burg erschienene Arbeit ist eine Landschafts-
kunde im Sinne Passarges. Der Verfasser hat
sioh vom Juni 1929 bis Februar 1930 9 Mona-
te in Island aufgehalten und wurde bei seinen
Arbeitendurch islándische Behörden und Wis-
senschaftler tatkraftig unterstiitzt. Das Ge-
biet des Borgarfjordes ist eine in sich abge-
schlossene Landschaft, die eine besondere Be-
trachtung rechtfertigt. Der Verfasser hatte
Gelegenheit, sie in fast allen Jahreszeiten aus
eigener Anschauung kennenzulemen. Das Ge-
bietdes Borgarfjordes (Borgarfjörður) gehört
z\ir breiten Paxa-Bucht (Paxaflói, nicht Pa-
xafjörður) und umfaBt etwa die Borgarfjar-
ðar — und Mýrarsýsla nördhch von Reykja-
vík. Es hat eine Plache von rund 3500 qkm,
etwa so groJ3 wie das Land Braunschweig. Im
ahgemeinen Teil werden die „Landschaftsbil-
der“ dargesteht (Morphographie und Höhen-
verháltnisse, geologischer Aufbau, Khma,
Wasser, Böden, Pflanzen und Tiero). Im be-
sonderenTeilfolgtdanndieausfuhrlicheLand-
schaftsbeschreibung, in der wieder unterschie-
den wird zwisohen landeskundhcher Ghede-
rung, landschaftskundlichem Uberbhck und
Beschreibung der Einzehandschaften. Dasbis
zu 1200 m Höhe aufsteigende Gebiet wird auf-
gebaut aus tertiáren Basaltdecken, Lipariten,
Tuffen und Breccien, sowie eiszeithchen Gla-
zialbhdungen, die sowohl Ausráumungs- wie
Aufschiittungsformen zeigen, und postgla-
zialen Meeresablagerungen. Tátiger Vulkanis-
mus seit der Landesbesiedelung (874 n. Chr.)
fehlt. Die vorhandenen Vulkane sind prágla-
zial oder glazial. Zahlreiche Thermen bilden
den Ausklang des ehemahgen Vulkanismus,
Erdbeben sind hier aber unbedeutend. Treff-
hch ist die Klimaschilderung mit dem Wech-
sel der Jahreszeiten: Heller Sommer mit ver-
háltnismaflig warmen Tagen und kuhlen
Náchten, eisigen Fahwinden, die vom Gebir-
ge herabwehen, ungleichmáfligen Niedersehlá-
gen und Nordhchtem, kurzer stúrmischer,
regnerischer Herbst; kalter, finsterer, schnee-
reicher Winter mit unbestándiger Witterung,
gewaltigen Schnee-, Hagel- und Kegensttir-
men, práchtigen Nordhchtem, Nebel, Schnee-
verwehungen und haushoher Brandung an
den Kústen; kurzes, spát einsetzendes Prúh-
jahr mit schnellem Ubergang zum Sommer.
Die Kúste ist das ganze Jahr hindurch eis-
frei. Von Böden werden unterschieden: Pels-
böden, Felsschuttböden (Verwitterungsbö-
den),Aufschtittungsböden,Rtickstandsböden,
Steinpflaster (Melar) und brauner Mischbo-
den (Lehm mit Staub und Humus). Die ftir
Island sonst so bezeichnenden Sandar fehlen
(Schmelzwasserablagerungen der neu- und
vorzeitlichen Vergletscherungen), femer aus-
gedehnte Sandwústen und Dtinen. Weit ver-
breitet sind die verfrachtende Tátigkeit des
Windes sowie Bodenversetzungen, Stmktur-
boden und Erdfheflen. Die Pflanzenwelt ist
die eines subpolaren Wiesenlandes, nicht die
einer Tundra. Moore, Wiesen, Birkenbtische
und -Buschwálder, Zwergstrauch-, Moos- und
FlechtenheidenbildendieverschiedenenPflan-
zenvereine. Die Tierwelt tritt im Landschafts-
bhde mit Ausnahme der halbwilden Haus-
tiere (Schafe und Pferde) und der die Ktisten-
landschaften belebenden, auflerst zahlreiclien
Vogelwelt zurtick. Prehebende Sáugetiere
sind selten (Polarftichse, Renntiere — im
18. Jahrhundert aus Norwegen eingefúhrt).
Ratten und Máuse wurden eingeschleppt. Da-
gegen fehlen Eisbáren und Schneehasen, Rep-
tilien und Amphibien vollstándig. In dem
Wattenmeer finden sich die typischen An-
sammlungen der Sandwurmháufchen. Die
ungewöhnlich stark vertretene Vogelwelt ist
weniger arten- als individuenreich. Es gibt
100 verschiedene Vogelarten, von denen 47
durch Jagdgesetze geschtitzt sind. Seen und
Pltisse sind reich an Lachsen und Seeforellen.
Von den Haustiercn sind Schafe, Pferde und
Hunde am wichtigsten, weniger die Rinder.
Auf diesen allgemeinen Toh folgt die Land-
schaftsbeschreibung und landschaftskundli-
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