Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1935, Blaðsíða 1

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Einar Benediktsson: Zwei Gedichte Einar Benediktsson, geboren 1864 auf dem Hofe Ellidavatn, ist der gröfite lebende Dichter Islands. Gegenstand seiner Dichtung ist vor allem der weltanschaulich erlebte Umkreis der islandisehen Natur und Geschichte. Hier offenbart sich eine leidenschafthche völkische Ge- sinnung. Lange Reisen und Aufenthalte in der ganzen Welt haben Einar angeregt zu einer Reihe groBartiger Darstellungen fremder Stádte und anderer Lebenserscheinungen. Der tief- griindige Inhalt der meisten seiner Gedichte und die bei einer meisterhaften Handhabung aller Eormen gleich einzigartige Fulle und Wucht seiner Sprache machen Einars Dichtung sehr schwer úbertragbar. Die beiden nachfolgenden Versuche, die ersten zur Veröffenthchung gelangenden deutschen tíbersetzungen Einarscher Gedichte, sollen die Spannweite seines dichterischen Schaffens andeuten. R. P. Pfarrer Oddur auf Miklabær Nachstehender Romanze hegt folgende islándische Volkssage des 18. Jakrhunderts zu- grunde: Zu dem jungen Pastor Oddur auf Miklabær (im Skagaf jördur) hatte ein Madchen na- mens Solveig eine tiefe Liebe gefaBt. Da der Pfarrer diese Liebe nicht erwiderte, wurde das Mádchen von Schwermut befahen und man konnte nicht verhindern, daB es sich eines Tages mit einem Messer den Hals durchschnitt. Der letzte Wunsch der Sterbenden war, in geweihter Erde bestattet zu werden. Der Pfarrer versuchte hierzu die Erlaubnis zu erwirken, konnte dies aber nicht durchsetzen. Darauf beerdigte er das Mádchen auBerhalb des Friedhofes. Eines Nachts, so erzáhlt die Sage, erschien ihm das Mádchen im Traume und kúndigte ihm Rache an. Kurz darauf befand sich der Pfarrer auswárts und kehrte spát nachts heim. Man hatte ihm zur Begleitung vom Nachbarhof einen Mann mitgegeben, der aber in der Náhe der Behausung des Pfarrers umgekehrt war. Plötzlich vernahmen die Bewohner des Pfarrhofes Lárm vor der Túr und bemerkten eine Gestalt am Fenster, die alsbald unter Geáchze ver- schwand, so als ob sie jemand zur Erde niedergezogen hátte. Niemand vom Hausgesinde wagte zu öffnen und nachzusehen. Am anderen Morgen aber fand man des Pfarrers Hand- schuhe und Peitsche vor der Túre, er selbst war verschwunden. Auf gefrornen Fluren fliegt des Nachts ein Reiter. Huf schlágt hohle Spuren, Scholl’ auf Scholl’ gehts weiter. Schnaubend stöhnt der Rappen, Schaum um Maul und Záhne, Sturm mischt sich ins Traben, stráubt des Pferdes Máhne. Hart gefrorne Heide. HeiBer Atem frieret. Stern auf stolzer Weide aus den Wolken stieret mit gebrochnem Blicke, bang des Reiters Leuchte. 3 Island 37
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