Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1935, Blaðsíða 5
will keiner der Knechte sich trauen.
Der Schall vor der Tiire wird stárker, wird mehr
und verhallt dann im náchthchen Grauen.
Den náchsten Tag, da den Balken vom Tor,
dem náchtlich verschlossnen, sie riicken,
da liegen des Pfarrers Handschuh davor
und Hut und Peitsche in Stiicken.
Den Pfarrer selbst sah kein Auge mehr.
Man sagt, dem Gespenst sei’s gelungen
und es halte den Priester jetzt samt der Már’
im gemeinsamen Grabe umschlungen.
Aus: Sögur og Kvædi, Reykjavík 1897
Ubersetzt von Rudolf Kinsky
Abend in Rom
Langsam strebt des Tibers Flut zum Meere
majestátisch mit der Zeiten Schwere.
Stille ist’s. Kein Blatt regt sich am Baume.
Boter Abend rings in blauer B,unde.
— Úberm Wasser schweift mein Geist im Baume,
vor die Seele wie auf blankem Schilde
treten grauer Vorzeit Truggebilde,
Schatten gleich, auf fahlem Untergrunde.
Lángst versunknes siegreich Volk der Ahnen
steigt empor, Urbilder áltster Manen.
Mutig forsche Stirnen, harte Brauen,
Drang nach Lehr’ und Ehr’ und nach Vermögen.
Mánner, hoch und práchtig anzuschauen,
Frauen in der Anmut stolzer Schöne,
Eltern zuchtger Töchter, rustger Söhne,
Stein auf Stein zu Bomas GröBe legen.
Doch Geradheit unterliegt und Wille
bald des Lebens krasser Úberftille.
Schlaffheit zeigt sich in der Mienen Spiele,
weicher wird der Leib als dessen Pfúhle,
den Verlust verbergend unter Kleiderhúlle.
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